Donnerstag, Juni 20, 2019

Desertec-Watertec

Desertec neu gedacht

Desertec beschreibt die Idee, in der Wüste Strom für Länder im Norden zu erzeugen, die ungünstige Voraussetzungen für Solarenergie haben. Das Problem ist dabei, dass dadurch eine asymmetrische Abhängigkeit entsteht und letztendlich in den Ländern mit großen Wüsten nur ein begrenztes Interesse daran besteht. Zudem sind Investoren sehr zurückhaltend, in Ländern mit instabilen politischen Systemen zu investieren. Die Lösung könnte eine Win-win-Situation werden, wenn wir Wasser gegen Strom tauschen!

Die größte Wasserverschwendung

Wenn es um Wasserverschwendung geht, denken wir normalerweise an die Industrie oder Privathaushalte. Aber eigentlich benutzen wir nur Wasser, etwa für die Toilettenspülung, und können es danach gut reinigen, sodass es in unseren Flüssen als Süßwasser ins Meer fließt. Die wirkliche Verschwendung ist, wenn Süßwasser mit Meerwasser vermischt wird. Dann ist Wasser nicht mehr für das Bewässern von Feldern geeignet!
Süßwasser im Überfluss, Rheinfall bei Schaffhausen
Wenn wir von einer globalen Wasserkrise sprechen, dann meinen wir den Mangel an Süßwasser, das zum Trinken und Bewässern nicht geeignet ist.
Meerwasser ist leider salzig und ungeeignet für Menschen und Pflanzen

Wir reden von einer unglaublichen Süßwasservernichtung, hier einige Zahlen: Pro Sekunde fließen allein von den 37 größten Strömen über 500.000 m³ Süßwasser in den Ozean [1]. Das sind an einem Tag 43.200.000.000 m³. Zum Vergleich, alle Deutschen (150 Liter/Tag und Person [2]) verbrauchen im Jahr  4.380.000.000 m³, genau ein Zehntel der Wassermenge, die jeden Tag verschwendet wird indem Süßwasser in die Weltmeere fliest und damit versalzt wird. Dabei sind "kleinere" Flüsse wie die Rhone mit 172.800.000 m³/d [3] noch nicht berücksichtigt.

Unterseeische Wasserleitungen

Die Idee ist jetzt, das Wasser aus geeigneten Flüssen dorthin zu leiten, wo es dringend benötigt wird, etwa in den nordafrikanischen Wüstenstaaten. Zwischen der Rhone Mündung in Südfrankreich und Algerien (Afrika) liegen etwa 700 km. Eine Wasserleitung im Meer ist erstaunlich leicht zu bauen, da man den Wasserdruck in der Leitung nicht durch massive Wände des dicken Rohrs (ca. 20 m Durchmesser) kompensieren muss. Die Leitung wird genauso verlegt, dass der Innendruck gleich dem Außendruck in der entsprechenden Tiefe ist. Das bedeutet, die Leitung beginnt relativ tief im Wasser, etwa in 100 Meter Tiefe (10 Bar) und steigt dann über 700 km kontinuierlich an, sodass Sie das Ufer in Algerien erreicht. 
Mögliche Wasserleitung nach Afrika

Der Bau der Wasserleitung kann bequem an der Küste erfolgen und das Rohr wird kontinuierlich in das Wasser geschoben. Beginnt man an beiden Enden, und schafft jeden Tag 200 Meter pro Werk, dann ist der Wasserleitungsbau nach 5 Jahren abgeschlossen. 
Die Wassermenge der Rhone entspricht in etwa dem Wasserbedarf von Ägypten [4], das das Nilwasser sehr intensiv nutzt und allein in der Landwirtschaft damit ein Einkommen von 13 Mrd. €/a erzielt [4].

Nutzung zur Bewässerung

Mit dem Wasser können nun ausgedehnte Flächen (38.000 km² Vergleich Ägypten) bewässert werden, die zum Teil bereits heute bewässert werden, aber nicht ganzjährig Wasser zur Verfügung haben. Zudem könnte man durch geeignete Aufforstungsprojekte zusätzlich Wald anpflanzen, der als sehr wirksame CO2 Senke bekannt ist. Ein Nebeneffekt könnte sein, dass durch das zusätzliche Wasser sogar ausgetrocknete Tiefbrunnen wieder gefüllt werden und durch die Verdunstung zusätzliche Niederschläge entstehen. Letztendlich dient das Wasser dazu, den bestehenden Grünstreifen in Nordafrika auszudehnen.
Garten in Marokko


Gegenleistung Solarstrom

Damit das Projekt ökonomisch für beide Seiten, Europäische Union und Nordafrikanische Staaten interessant wird, werden großflächig Fotovoltaikanlagen an guten Wüstenstandorten aufgebaut. Der Stromexport sollte in vergleichbarer Größe liegen, wie der Wert des Wasserimports. Gehen wir davon aus, dass das Wasser jährlich einen Wert von 10 Mrd. € hat (0,2 €/m³), dann würde dies einer Strommenge von 200 TWh (200 Mrd. kWh) zu einem Preis von 5 ct/kWh entsprechen. Zum Vergleich, in Deutschland erzeugen alle Solaranlagen pro Jahr (2018) 46 TWh[5].
Modelle für Solaranlagen in der Wüste

Für die Stromproduktion in der Wüste müssen aber nur halb so viele PV Module montiert werden als in Deutschland, da, insbesondere im Winter, in der Sahara die Sonne länger scheint. Bei den aktuellen Preisen für große PV Anlagen liegen die Baukosten für 100 GW (peak) bei etwa 80 Mrd. €. Ein durchaus zu bewältigender Betrag, wenn man bedenkt, dass die Kosten von Flüchtlingen aus diesen Regionen jährlich in gleicher Höhe liegen. 

Die Vorteile

  1. Sichere Wasserversorgung für Nordafrika
  2. Sauberer Strom für Europa
  3. Fairer Handel, beide Seiten gewinnen
  4. Arbeitsplätze in den afrikanischen Partnerländern (Solarkraftwerke, Landwirtschaft)
  5. Kein Erpressungspotential, da Geschäft auf Gegenseitigkeit (Strom gegen Wasser)
  6. Förderung von Frieden und ökologisch sinnvollem Wohlstand
Ich hoffe, diese Idee findet Gehör und es würde mich sehr freuen, wenn die Idee weitergetragen wird.

Quellen:

1 Kommentar:

Alex Karl Photography hat gesagt…

Sorry, das ist nicht mal im Ansatz durchdacht. 1.) Allein der Energiebedarf für das Pumpen dürfte pro m³ höher liegen als bei einer örtlichen Umkehrosmoseanlage. 2.) Die Baukosten wären gigantisch: Um tatsächlich die postulierten 172.800.000 m³/d der Rhone nach Algerien zu pumpen, um dort realistische 35.000 - 45.000 km³ zu bewässern müssen pro Sekunde 2000m³ Wasser gepumpt werden. Der wirtschaftlich vertretbare Maximaldurchmesser eines Pipeline-Rohres liegt bei 1,83m. Bei ~60bar Druck bräuchte man rund 14 dieser Rohre, um diese Wassermenge transportieren zu können. Kosten? Wohl deutlich über 10 Mrd. € 3.) Nebenbei könnte man dem Rhone – Delta nur begrenzt Wasser entziehen, sonst würde eine Versalzung der Küstenregion drohen.