Dienstag, März 31, 2020

Corona, das Drama der Zahlen

Corona und die Zahlen

Seit Ende Januar 2020 beobachte ich die Zahlen der Corona-Ausbreitung und leider seit einigen Wochen auch die vielen Todesfälle. Als Physiker habe ich gelernt aus Zahlen Zusammenhänge herauszulesen und so entstand eine interessante Modellrechnung. Leider kann aber so ein Modell nur so gut arbeiten, wie die Datengrundlage ist, auf die ich heute etwas näher eingehe.


Echtzeitinformationen aus verschiedenen Quellen (Site aus Südkorea)

Wo gibt es Daten?

Wenn man die Websites der einschlägigen Zeitungen, ob FAZ, Zeit, New York Times oder Tagesspiegel online aufruft, immer findet man verschiedenste Zahlen zur Ausbreitung. Doch worauf basieren diese? Als Quelle wird oft die Johns Hopkins University angegeben und in Deutschland das Robert Koch-Institutes (RKI). Doch keiner der beiden erhebt die primären Daten, in Deutschland sammeln die Gesundheitsämter die Daten und geben sie weiter.

Wir brauchen möglichst zeitnah Daten, damit die Politik, und auch jeder für sich, die richtigen Entscheidungen treffen kann. Normalerweise arbeiten viele mit Quartalszahlen, aber das ist in einer Situation in der sich die Zahlen oft um 30% pro Tag ändern, völlig sinnlos.
Seit etwa einer Woche gibt das RKI immer die Daten, mit Stichpunkt Mitternacht, um ca. 10 Uhr vormittags bekannt. Diese Zahlen verfolge ich bevorzugt und dachte immer, es wäre einfach, im Wesentlichen zwei Zahlen, neu erkannte Fälle und Todesfälle, nach Berlin zu übermitteln. Leider lese ich dann auf der Website Informationen wie:

*Am 28.3.2020 wurden keine Daten aus Baden-Württemberg, Hessen und dem Saarland übermittelt.(Website RKI)
Probleme aus andere Bundesländer, wie NRW, Sachsen-Anhalt usw., wurden auch schon gemeldet.

Veränderung der Todesfälle (Daten: RKI). Der Trend sah positiv aus,
aber die Ursache am 28. und 29. März waren Übermittlungsfehler!

Grafisch dargestellt sieht man das Problem: Scheinbar fällt am 29.3 das Wachstum schon fast auf 10% (Was sehr gut wäre) um dann am 30.3 wieder Richtung 30% zu deuten, was schauerlich ist.

Was zunächst nach einer lässlichen Verfehlung klingt, verursacht einen Sachschaden von mehreren Milliarden Euro! Wie das?

Nehmen wir mal an, die Entscheidung für das Ende des Shut-Down in Deutschland verzögert sich um einen Tag, weil man nicht sicher war, ob es wirklich einen signifikanten Rückgang der Infektionen gab, mangels valider Daten. Ein Tag Shut-Down dürfte in einem Land mit einem Bruttosozialprodukt von 4000 Mrd. € pro Jahr oder 20 Mrd. € pro Werktag mindestens 10 Mrd. € kosten!

Und hier wird nicht eingegriffen, wenn der Mitarbeiter in Stuttgart oder Düsseldorf gerade keine Lust hat zwei Zahlen einzutippen? Niemand frägt nach oder ruft an! Nein, wir sind nicht am Tag 1 der Coronakrise, seit über einem Monat haben wir ein ernstes Problem.

Ich habe noch nie erlebt, dass derart fahrlässig mit dem Geld unserer Volkswirtschaft umgegangen wurde.


Wo stehen wir?

Ich versuche diese Daten vom RKI jeden Tag zu nehmen und in meine Rechnung einzubinden. Inzwischen greife ich manchmal auf plausiblere Daten anderer Quellen zu, etwa Worldometer, die immerhin ihre Quellen verlinken.

Entwicklung der Fallzahlen und Prognose.
Die Zahl der gemeldeten Infektionen und der Todesfälle liegen weiterhin genau auf den Kurven meines Rechenmodells.
Neu ist, dass ich zwei Varianten für die weitere Entwicklung der Todesfälle auftrage. Ein "worst case" bei dem 90% der Patienten, die keine Versorgung in der Intensivstation bekommen versterben, obere gestrichelte graue Linie und den optimistischen Fall, dass doch nur 30% dieser Patienten versterben, durchgezogene, graue Linie (Achtung: log. Skala).
Das Modell berücksichtigt bereits die Maßnahmen in Deutschland, was sich insbesondere darin zeigt, dass die Zahl der Neuinfektionen seit einer Woche deutlich weniger stark zunehmen (Rote Quadrate, tatsächliche Fallzahlen und gestrichelte Linie, Prognose des Modells)

Flatten the Curve

All die aktuellen Maßnahmen sollen dazu dienen, die Kliniken nicht zu überlasten, auch wenn sie nicht genügen, damit die Kliniken nicht überlastet werden, aber sie dämpfen die Entwicklung erheblich und vermeiden damit viele Todesfälle! Doch wie geht das weiter?

Eine kleine Abschätzung:

In Deutschland leben 80 Mio. Menschen, von denen vermutlich längerfristig 60 Millionen infiziert werden. Davon müssen 2,5% über 14 Tage lang beatmet werden, zumeist ältere Mitbürger.
In der Summe sind das 1,5 Mio. Menschen. Verteilt man das gleichmäßig auf die 10.000 Intensivbetten, braucht es sechs Jahre kontinuierlicher Versorgung oder mit anderen Worten 6 Jahre völligen Shut-Down. Dass das Unrealistisch ist, sollte jedem klar sein. 
Okay, als Erleichterung kommt vielleicht in einem Jahr ein Impfstoff, so sind die 6 Jahre nur Theorie, unklar ist aber, welches Kriterium angewendet werden soll, all die eingeleiteten Einschränkungen wieder aufzuheben. Man ist praktisch sofort wieder bei einer völligen Überlastung der Kliniken.

Ich wünsche mir, dass man genauer nach Südkorea oder Taiwan schaut und auch Alternativen, wie Handy-Ortung und Mundschutz, als wichtige Maßnahme zu ergreift.

Nützliche Quellen zum Weiterlesen

Weitere Quellen auf meinen anderen Posts "Corona Update"

Sonntag, März 22, 2020

2. Corona Update

Coronavirus Ausbreitung unter der Lupe

Nach dem überwältigendem Interesse an meinen ersten zwei Beiträgen, Ausbreitung in Deutschland und Coronavirus Update, bin ich motiviert, einige kluge Fragen aufzugreifen, die von Lesern gestellt wurden. Vielen war nicht klar, was ich genau rechne, manche wollten mehr über die Quellen wissen und einige fanden, dass ich Panik mache. Ich hoffe, das kann ich jetzt alles aufklären.

Wie funktioniert die Rechnung?

Die Rechnung für die Entwicklung der Fallzahlen basiert auf einige einfache Annahmen, die im folgenden Bild dargestellt sind.

Ablauf einer Infektionswelle, gilt auch für andere Infektionskrankheiten. (Zum Vergrößern anklicken, Darstellung Heindl)

Am Anfang gehören alle der Gruppe der Nichtbetroffenen an. Davon infizieren sich zunächst einige, etwa im Ausland, und werden zu Neue Fälle, diese werden jetzt immer für jeden Tag neu gerechnet. Die neuen Fälle kommen jetzt in die Gruppe Infizierte, die dadurch zunächst wächst.
Das Problem beginnt mit der Ansteckung durch die Infizierten, die Rückkopplung beginnt. 

Diese Ansteckungsrate hängt empfindlich vom Verhalten ab!

In meiner Rechnung habe ich bisher 2,15 Ansteckungen pro Person innerhalb der sechs Tage gerechnet in der die Person ansteckend ist. In der Literatur findet man unterschiedliche Angaben, etwa in nature [1], dort wurden die ersten 400 Fälle in China ausgewertet hat, die Ansteckungsrate wurde mit 1,9 Neuansteckungen pro Infizierten ermittelt.
Da es gilt, die Ansteckungen niedrig zu halten, müssen verschiedene Eingriffe in das Alltagsleben erfolgen. Der Parameter Eingriffsfaktor beschreibt das als Zahl. Der Wert 1 bedeutet, es bleibt alles wie es ist, der Wert 2 bedeutet, die Zahl der Ansteckungen wird halbiert, Zwischenwerte sind natürlich möglich. In einer Studie des Imperial College [2] in London wurden verschiedene Werte für unterschiedliche Maßnahmen analysiert. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass sich nicht alle an die Regeln halten. So bring Schulschließung fast eine 20% Verminderung der Ansteckungen, in meiner Rechnung würde der Eingriffsfaktor dann auf 1,2 wachsen.

Einfluss verschiedener Maßnahmen auf die kritisch Erkrankten, zu beachten, hier wird ein linearer Maßstab verwendet, mit keiner einzelnen Maßnahme gelingt es, die Zahl so weit zu drücken, dass die Betten reichen. Quelle: Imperial College [1]

Für das Verhalten habe ich in meiner Simulation bis zum 7. März den Wert 1 angesetzt und erhöhe ab dann den Wert täglich um 0,05, sodass am 17. März bereits der Wert 1,5 erreicht ist schließlich am 27. März der Wert 2 erreicht wird, der dann aber auch dort verharrt. Bis im Sommer, ab dem 13. Juni der Wert langsam wieder sinkt, täglich um 0,01, und am 20. September wieder den Wert 1 annimmt. Mir ist klar, dass das höchst spekulativ ist, aber ohne Verhaltensänderung würde die Rechnung auch keinen Sinn ergeben. Zudem glaube ich eben, dass sich das Verhalten graduell verschieben wird.  

Bekanntlich werden nicht alle Infizierte gemeldet (gem. Fälle), die sind also eine Untermenge von Infizierte. Eine Dunkelziffer kann man sehr schlecht abschätzen, Faktoren von 1,5 bis 5 sind verbreitet. Für 5 spricht, dass vermutlich nur 20% so starke Symptome aufweisen, dass sie einen Arzt besuchen und damit den Gesundheitsbehörden bekannt werden. Andererseits wurden auch viele in Deutschland untersucht, die im Kontakt mit Infizierten standen (aktuell lese ich 200.000 Tests wurden durchgeführt), sodass die Zahl eher bei 1,5 liegt. Ich habe den Faktor mit 3 geschätzt und so in meinen Rechnungen verwendet. Letztendlich spielt das aber keine so große Rolle, da bemerkenswerterweise nach 2 Tagen die Differenz zwischen den Faktoren (3 statt 5) bereits wieder aufgeholt ist. 

Interessant ist auch, dass die Umstellung der Berichte des Robert-Koch-Instituts, das bis 20. März die Fälle bis 15 Uhr bekannt gegeben hat, diese jetzt auf Mitternacht (0:00) umgestellt hat, das bewirkt eine einmalige Steigerung der Infiziertenzahl um beachtliche 14%! Dieser Effekt wurde in die verwendeten Daten eingerechnet.

Etwa 80% der Infizierten verlassen nach sechs Tagen das Geschehen und kommen in die Gruppe ohne Symptome genesen, weitere 15% von Personen mit leichten Symptomen zähle ich auch dazu, da diese zwar "Grippe" haben aber nicht in Lebensgefahr sind. Somit kommen insgesamt 95%, mehr oder weniger direkt in die Gruppe der als Immun bezeichneten Personen. 

Die Problemgruppe Intensivbedarf

Der Literatur kann man entnehmen, dass 2,5% bis 5% der Corona COVID-19 Patienten so schwere Atembeschwerden haben, dass sie künstlich beatmet werden müssen. Dazu kommen die Patienten in das Intensivbett und genesen hoffentlich. Die Zahlen hängen hier sehr stark vom Alter und von den Vorerkrankungen ab.
Sterblichkeitsrate bei Corona, abhängig vom Alter. (Quelle: DW)
Dies in der Rechnung abzubilden ist schwierig, da ich keine Altersverteilung nutze, ich nehme daher für den Faktor Sterblichkeit 1,4% von allen Infizierten an, wohl wissend, dass zwischen 0,7% und 5% in der Literatur erwähnt werden.
Viel schlimmer sieht es aber für Patienten aus, die Unbetreut trotz Intensivbedarf bleiben. Dort nehme ich an, dass 30% nicht überleben, möglicherweise ist es aber viel schlimmer. Nochmals, ich will keine Panik verbreiten, aber auch keinen unbegründeten Optimismus.
Wie lange bleibt nun ein Patient im Intensivbett? In meiner Rechnung nehme ich an, dass täglich 20 Prozent den Pfad "genesen" nehmen, mithin im Schnitt etwa 4 Tage im Intensivbett verweilen. Das ist auch optimistisch, mir sind schlechtere Zahlen von einem Arzt zugetragen worden.
Am Ende steht die Summe aller Todesfälle, ob mit oder ohne Intensivbehandlung. Je nach Geschwindigkeit der Ausbreitung können das 0,2 bis 3 Millionen in Deutschland werden, bei so vielen Unbekannten in der Rechnung ist das nicht verwunderlich.

Anpassung der Rechnung an die Fakten

All die oben beschriebenen Vorgänge gehen in meine Rechnung ein, die ich mit einer Tabellenkalkulation durchführe (Google Docs). Dabei berechne ich für jeden Tag die Situation und die daraus folgende Änderung, was nicht viel mehr als einfache Addition und Multiplikation erfordert. Als Zeitraum habe ich ein Jahr gewählt, beginnend mit dem 18. Februar 2020, für den ich zwar keine Zahlen besitze, allerdings von den bekannten Zahlen am 28. Februar zurückrechne, was aber eher rechentechnische Gründe hat, damit ich problemlos auf zurückliegende Felder zugreifen kann.

Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt bei mir fast immer auf einer logarithmischen y-Skala! Das ermöglicht es viel besser, Trends und große Zahlenunterschiede zu erkennen. So liegt die Zahl der Todesfälle um fast den Faktor unterhalb der Zahl der Infektionen, könnte also bei linearer Darstellung nicht sinnvoll dargestellt werden. Weiterhin erscheint ein exponentielles Wachstum als Gerade, und gerade damit haben wir es in diesem Thema oft zu tun.

Hier ein Ausschnitt aus meinem Rechenmodell, das bis 15. Mai extrapoliert. Es scheint so, als zeigen die Maßnahmen der Politik bereits Wirkung, die Datenpunkte liegen seit 10 Tagen mit einer Abweichung kleiner 3% auf der Prognosekurve. Da die Prognose eine Abschwächung wie oben beschrieben enthält, gibt es offensichtlich einen Rückgang der Infektionsrate!

Mögliche Entwicklung der Coronazahlen in Deutschland.
(Eigene Analyse basierend auf verschiedenen Quellen, Parameter siehe Anmerkungen)

Wenn die Entwicklung so weitergeht, das bedeutet, die Einschränkungen noch weiter bis 27.3. verschärft werden, wir haben erst die Hälfte des Wegs, dann könnten die Zahlen noch unter Kontrolle gebracht werden. Da ich keine Ahnung habe, wie lange die Menschen eine so hohe Isolierung ertragen, habe ich die Fortsetzung der Entwicklung nicht aufgetragen.

Zum Vergleich, die mögliche Entwicklung der Coronazahlen mit linearem Maßstab an der vertikalen Achse.


Nach einem Jahr würde das Modell auf 1,5 Millionen Tote führen, das sei angemerkt, kann ich aber nicht als seriöse Prognose behaupten.

Quellen:

  1. Imperial College London Studie PDF. Hier wird für GB eine genaue Analyse der Ausbreitung gerechnet.
  2. Aktuell: Studie über Wuhan in nature PDF
  3. Deutsche Welle Daten aus China.
  4. Eine sehr lesenswerter englischer Beitrag von Tomas Pueyo, deutsche Übersetzung
  5. Ein Tool von Prof. Eichner 
  6. Schweizer Qualität bei der Simulation: Covid-19 Simulator
Weitere Quellen siehe Blogpost Coronavirus Update (Germany auswählen)

Der neueste Blogpost: Das Drama der Zahlen

Anmerkung:

Zur Dokumentation die verwendeten Parameter:
Ausgangsbevölkerung: 80.000.000
Ansteckung: 2,70
Dauer [d]: 6
Letalität: 1,40%
Intensiv: 5,0%
Dunkelziffer: 3
Intensivbetten: 10000
Eingriffsfaktor: tagesaktuell
Tod-kein-Intensiv: 30%
Genesungsrate I pro Tag: 20,00%
Dauer Infekt bis Tod: 12
Dauer bis Intensiv: 10

Mittwoch, März 18, 2020

Coronavirus Update

Coronavirus Entwicklung, Neueinschätzung

Seit meinem ersten Facebook post am 29. Januar 2020 zum Coronavirus, mit Verweis auf die Weltkarte zur Infektion, hat sich die Welt dramatisch verändert.
Mit den neuen Daten kann man den Ablauf der Infektionswelle noch genauer bestimmen. Es bleiben aber immer noch große Unsicherheiten, insbesondere, wie werden sich die Menschen verhalten, wenn sie monatelang praktisch in Quarantäne leben sollen.

Abgleich der Daten

Seit der ersten numerischen Analyse mit 349 Fällen in Deutschland am 6.3. hat sich die Zahl inzwischen mehr als verzwanzigfacht. Zudem sind leider die ersten Todesfälle zu vermelden, aktuell rechne ich mit den 20 gemeldeten Todesfällen bis zum 18.3.2020.
Trägt man diese Werte in die neue Rechnung ein, erhält man folgende Näherung:
Aktuell beste Näherung für die Infektionsrate und die Zahl der Verstorbenen.
Die Infektionsrate kann für die letzte Woche mit erstaunlich hoher Genauigkeit abgebildet werden. Dazu wurde der Parameter "Sozialverhalten" dynamisch aufgebaut. Die Annahme ist, dass bis zum 7.3. die Menschen keine Verhaltensänderung durchführten und seitdem täglich eine Änderung um 5% in Richtung Isolation stattfindet. Mit dieser Änderung hat dann jeder bis zum 27. März seine Kontakte um den Faktor 2 reduziert. (Genaugenommen wurde täglich die Kontaktrate um 1/20 verändert)
Weiterhin wurde die Dunkelziffer auf den Faktor 5 hochgesetzt, das ist insbesondere aus der Betrachtung der Todesfälle notwendig, sonst kommt man zu einer sehr hohen Mortalität. Der Faktor 5 würde auch zu den 20% passen, die ernsthafte Symptome zeigen und sicher vom Gesundheitswesen erfasst werden (Hier werden die Zahlen des RKI verwendet). Die Mortalität wurde in der Rechnung mit 1,6% angenommen, um die tatsächlich beobachteten Todesfälle gut abzubilden.

Anmerkung: Liegt die Dunkelziffer nur bei 50%, dann würde das in dieser Analyse auf eine Mortalität von 5% hinweisen, damit wären dann 3,3 Millionen Tote zu erwarten.
Anmerkung zur Genauigkeit: Die ersten einzelnen Todesfälle unterliegen einer sehr starken statistischen Schwankung sqrt(N), das bedeutet, bei 4 Fällen ist der Fehler sqrt(4)=2 also +-50%, bei 20 Fällen, am Ende der Kurve, liegt der Wert bei +- 20% immer noch viel höher als die Messpunkte suggerieren. Hinzu kommt, dass es sich um summierte Werte handelt, was die Fehleranalyse noch komplexer macht.

Weitere Entwicklung

Aufgrund des Datenabgleichs kann man das Modell jetzt rechnen lassen und erhält folgenden Verlauf:
Verlauf der Infektionen, Todesfälle und bedarf Intensivbetten. (Datengrundlage RKI)

Die Kurve der Infektionen flacht sich ab, aber um den 14. April wird die Zahl, der schwer erkrankten bereits die Kapazität der Intensivbetten übersteigen. Damit kommt es zu einem Anstieg der Todesfälle aufgrund unzureichender Betreuung. Die Spitze wird Ende Mai erreicht, man kann schon jetzt prognostizieren, dass dann jegliches öffentliches Leben still stehen wird. Möglicherweise sind dann selbst die Fernsehsendungen nur noch eingeschränkt möglich, da auch viele Moderatoren und TV Mitarbeiter erkrankt sind.
Am Ende werden 1,9 Millionen aufgrund des Coronavirus verstorben sein, sicher wird es vor allem ältere Menschen und kritisch Vorerkrankte treffen. Man muss wissen, dass auch in einem "normalen" Jahr über 600.000 Menschen versterben.
Das Abflauen wird auch in der Rechnung davon begleitet, dass sich das Sozialverhalten ab Mitte Juni in Richtung weniger vorsichtig verändert und Ende September wieder den alten Wert erreicht.

Vergleich zu anderen Ländern

Deutschland scheint noch relativ gut dran zu sein, wenn man dies mit anderen europäischen Ländern vergleicht.
Hier ein Überblick:
Todesfälle pro Einwohner (17.3.2020)
Die Liste zeigt, wie viel Todesfälle es pro Einwohner bisher gegeben hat. Dabei ist Deutschland mit 0,16 auf eine Million Einwohner noch auf einen sehr günstigen Platz. Insbesondere in Italien und Spanien gibt es in Europa schlimme Probleme. Dies ist umso schlimmer, da lange die Hoffnung bestand der Frühling und die Sonne könnte dem Virus zurückdrängen. Das scheint eher nicht der Fall zu sein.
Auch das Gesundheitswesen in Deutschland ist offensichtlich sehr leistungsfähig, dazu habe ich die Dauer ermittelt, nach der ein Patient ab Ansteckung verstirbt. Die genaue Zeit kenne ich nicht, aber ich habe als Vergleichswert die Zahl gleich vieler Infektionen genommen:
Wie lange ist die Zeitspanne zwischen Anzahl Infektionen und gleich vielen Todesfällen.
In der Tabelle sieht man, dass insbesondere in Spanien die Welle extrem steil ansteigt, oder die Versorgung sehr schlecht ist, jedenfalls gab es am 7.3. in Spanien nur soviel gemeldete Infizierte wie es am 17.3. bereits an Todesfällen gab. Hier ist Deutschland viel besser und wenn wir uns anstrengen, erreichen wir die Zahlen von China, dort scheint die Infektion bereits auszulaufen.

Daher mein Appell: Nehmen Sie die Seuche ernst, es hilft allen! 

Fortsetzung:  

Gute Informationsquellen:


Samstag, März 14, 2020

Coronavirus Ausbreitung in Deutschland

Analyse Coronavirus in Deutschland

In diesem Blogpost will ich versuchen, meine Analysen zur Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland zu erläutern und dabei auf die wichtigsten Probleme, insbesondere Todesfälle, einzugehen.
Die Analyse basiert auf einem relativ einfachen mathematischen Modell, das ich mir als Physiker zutraue, es kann natürlich nicht alle medizinischen Aspekte exakt berücksichtigen, aber ich verwende, soweit verfügbar, die besten Quellen.

Wohin geht die Reise?

Um die Zukunft vorherzusagen, erst mal die Datenlage: Ich habe die Daten des Robert Koch-Instituts seit 28. Februar gesammelt, die Bundesland genau vorliegen. Insbesondere NRW, Bayern und BW haben bereits hohe Fallzahlen.

Einfache lineare Auftragung und exponentielles Wachstum bis Ende März
Trägt man die Information in eine logarithmischen Skala auf, sieht man viel mehr, alle Bundesländer bewegen sich in eine Richtung, nach rechts oben:
Gleiche Betrachtung wie oben, aber mit einer logarithmischen Skala,
zwischen zwei Hauptlinien liegt der Faktor 10!
Die zentrale Frage, wie es weitergeht, kann man durch eine einfache Extrapolation bis Monatsende erreichen, dann sind vermutlich fast eine Million infiziert, wenn sich die Ansteckungsrate nicht ändert. Diese soll allerdings durch scharfe Maßnahmen wie Schulschließungen und Stopp von Großveranstaltungen gesenkt werden. Dies wird wichtig, wenn wir genauer auf die Entwicklung sehen. Ab jetzt werde ich, ausgehend von den Gesamtzahlen für Deutschland weiterrechnen.
Ganz unten sieht man noch eine kurze schwarze Linie, das sind die ersten Todesfälle, die noch eine sehr große Rolle spielen werden.

Ausbreitung und Zahlenqualität

Was wissen wir sicher? Leider sehr wenig, insbesondere wissen wir nicht, wie viele Menschen in Deutschland bereits den Virus tragen! Die besten Zahlen liefert aktuell nach meiner Einschätzung die Website https://www.worldometers.info/coronavirus/country/germany/, die sehr zeitnahe Daten liefert. Dort finde ich im Moment (14.3.2020, 22h) 4525 Coronavirus Cases und 8 Todesfälle, sowie 46, die die Krankheit bereits gut überstanden haben. Es spricht nun einiges dafür, dass wir nicht alle Fälle kennen, möglicherweise sind es dreimal so viele, eine Annahme die ich für die Dunkelziffer meiner weiteren Betrachtungen verwende.
Die Deutsche Bevölkerung umfasst rund 80 Millionen Einwohner, also sind erst sehr wenige infiziert, 0,0057% laut Daten, mit Dunkelziffer sind es 0,017% also keine Sorge? NEIN, wir stehen ganz am Anfang.
Jeder der infiziert ist, und viele wissen das ja nicht von sich selbst, da es bis zu 14 Tage dauern kann, bis man ernste Symptome spürt, verteilt nun den Virus. Ich gehe davon aus, dass man im Durchschnitt sechs Tage lang den Virus verteilt, bis man in Quarantäne kommt und dabei insgesamt 2,15 Menschen ansteckt. Zumindest wenn man diesen Wert zugrunde liegt, passen die Daten gut zu den veröffentlichten Zahlen (Blaue Sternchen).

Die blauen Sterne sind Messwerte, die rote gestrichelte Linie ist die Näherung der aktuellen Fälle.
Die anderen Linien werden gleich erläutert.

Im Modell gehe ich jetzt davon aus, dass ab heute (14.3.2020) die Maßnahmen der Behörden greifen und damit die Ansteckung um den Faktor 2 reduziert wird. Das sieht man an der gestrichelten Linie, die plötzlich einen Knick macht und an den Ansteckungszahlen (orange, dünn) die kurzzeitig sogar etwas abfällt. Das ist natürlich nur ein rechnerisches Artefakt, so eine Änderung geht kontinuierlich über mehrere Tage, aber das soll uns jetzt nicht stören.

Die schlimmen Erkrankungen

Etwa fünf Prozent der Coronafälle verlaufen schlimm, das bedeutet, der Patient muss auf die Intensivstation mit Beatmung und Sauerstoff. Deutschland hat bekanntlich ein gutes Gesundheitswesen, aber kann es das bewältigen? Es gibt 28.000 Intensivbetten, wovon ca. 80% belegt sind. Mit etwas Organisation kann man vermutlich 10.000 Betten für Coronakranke freiräumen. Die entscheidende Frage ist, ob das reicht!
Das kann man berechnen, wenn man die Annahmen fortschreitet, aktuell sollten bei 4000 bekannten Fällen im Modell 17 Menschen bereits auf einer Intensivstation liegen, der Presse entnehme ich eine etwas geringere Zahl.
Trägt man jetzt die Entwicklung über die nächsten Monate auf, kommt es aber sehr schlimm:
Der Ablauf der Coronakrise, Bild durch Anklicken vergrößern!
Etwa um den 20. April liegt die Fallzahl über einer Million (dicke rote Linie) und damit der Bedarf an Intensivbetten bei 10.000 (hellblaue Linie). Das ist der Beginn der wirklichen Krise! Denn zu diesen Zeitpunkt müssen nicht nur 2500 Todesfälle beklagt werden, nein es müssen Patienten die dringend beatmet werden müssen, abgewiesen werden. In der Fachsprache erfolgt ab diesen Zeitpunkt die Triage, leichtere Fälle (So leicht sind die nicht, aber man hofft, die überleben auch so)  bekommen keine Beatmung, schwere Fälle kommen in ein freies Bett und hoffnungslose Fälle kommen ins Grab.
Da die Zahl der Betten nicht wächst, aber die Zahl der schweren Fälle, werden jetzt viele Menschen sterben. War zunächst die Sterblichkeit bei nur 0,7%, ein Wert aus Südkorea, dort hat man sehr sorgfältig Erkrankungen erfasst und hat hervorragende Behandlungsmöglichkeiten. Das sieht man am Knick nach oben bei der schwarzen Kurve, der Anzahl Verstorbener. 

Diese schreckliche Phase wird bis etwa Ende Juni dauern. Über 1,5 Millionen Beerdigungen werden noch trauriger als sonst, weil sich die Menschen nicht trösten können, da keiner dem anderen zu nahe kommen will. 

Bei der Analyse habe ich jetzt noch die optimistische Annahme gemacht, dass Menschen, und das sind oft ältere Menschen, die ohne Beatmung auskommen müssen, zu 70% überleben. Ob das realistisch ist, kann ich als Nichtmediziner nicht beurteilen. Rechne ich nur mit 10% die das überstehen, dann erhöht sich die Opferzahl auf  deutlich über 2 Millionen.

August, endlich ein Ende in Sicht

Nach dem Höhepunkt der Erkrankungswelle ebbt alles so schnell ab, wie es gekommen ist. Anfang August werden nur noch wenige (70 pro Tag) neue Fälle beobachtet, das liegt daran, dass jetzt die sogenannte Herden-Immunität greift. Der Virus findet keine neuen Opfer, da über 60 Millionen Menschen jetzt immun sind. Etwa 14 Millionen hatten Glück oder waren sehr vorsichtig und wurden nicht angesteckt.

Hinweis zu den Intensivbetten

Die viel zu große Zahl von Patienten die ein Intensivbett benötigen, kann zur häufigsten Todesursache werden. 
Betrachtet man den "Standardablauf", erhält man folgendes Diagramm
Todesfälle erhöht durch Mangel an Intensivbetten.

Hierbei wurde angenommen, dass das durch politische Maßnahmen geänderte Sozialverhalten die Ansteckungen um den Faktor 2 reduziert. Die schwer erkrankten Personen, die nicht intensiv betreut werden können sterben zu 30%. Im Diagramm sieht man, dass bis 20. April alle Personen, die ein Intensivbett benötigen (hellblaue Linie), auch behandelt werden, die Verstorbenen (Schwarze Linie) steigt aufgrund der bekannten Todesrate von 0,7% beim Coronavirus zunächst relativ mild an. Das Bild ändert sich, wenn jetzt zusätzliche Todesfälle ab der Überfüllung der Intensivbetten dazukommen. Das Maximum wird in diesem Szenario Ende Mai erreicht, dann kommt nur noch auf jeden 30. Patient mit Bedarf ein Intensivbett mit Beatmung! Am Ende diese Szenarios (31.12.2020) sterben aufgrund mangelnder Behandlungsmöglichkeiten 1.112.000 Menschen, insgesamt gibt es 1.563.000 Tote.

Jetzt ein milderes Szenario, aufgrund des Sozialverhaltens gibt es um den Faktor 3 weniger Ansteckungen als im "business as usual" Szenario. Die Intensivbetten sind nicht so überlastet und am Ende von 2020 zählt man 486.000 Tote aufgrund der Überlastung, insgesamt gibt es 731.000 Tote.

Und noch ein sehr ungünstiges Szenario, die Menschen sind unvorsichtig (Sozialfaktor 1,5), Menschen ohne Behandlung sterben zu 90%. Aufgrund der mangelnden Behandlung sterben jetzt 2.119.000 Menschen, insgesamt 2.637.000 bis zum Jahresende.

In einem Diagramm zusammengefasst:
Verschiedene Szenarien und die Zahl der Todesfälle am Ende 2020.
Je nachdem wie stark sich die Menschen isolieren, fällt die Zahl der Todesopfer drastisch. Dies gilt insbesondere, wenn sich herausstellt, dass man ohne Intensivbehandlung praktisch keine Überlebenschance hat (rote Linie, 90% der unbehandelten Intensivfälle sterben). Ab einer Isolation von ca. 3,5 gibt es keine ausreichende Weitergabe und der Virus verschwindet, das scheint in China gelungen zu sein! Die grüne Linie ist eher hypothetisch, sie beschreibt den Fall, dass ein Patient der eine Intensivbehandlung benötigt automatisch auch ohne Behandlung überlebt.


Wir sehen, wie wichtig es ist, dass sich jeder vorsichtig verhält!

Ausblick

Ob das alles exakt so kommt, kann ich nicht sagen. Es gibt zu viele Möglichkeiten, dass es anders wird. 
In China scheint es möglich zu sein, eine Provinz (Hubei) mit 70 Millionen Menschen so gut zu organisieren, dass die Ansteckungen bereits nach 67.000 Ansteckungsfällen (3000 Tote) zurückgehen.
Wenn wir viel Glück haben, findet man auch ein Medikament, das wirkt, aber das ist eine vage Hoffnung, man denke nur an AIDS. Auch der sehr schnelle Erfolg bei der Suche nach einem Impfstoff könnte noch etwas helfen.
Es könnte aber auch schlimmer kommen, wenn die Menschen nach einem Monat Quarantäne soziale Kontakte zu früh wieder aufnehmen, dann können es auch 3 Millionen Tote werden.

Fortsetzung:  

Wichtige Quellen:

Zum Weiterlesen im Blog