Sonntag, September 30, 2012

Netzwerk der Funktionen


Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich 1973 meine erste Digitaluhr bekommen, die hatte eine rote LED Anzeige, immer wenn man die Zeit wissen wollte, drückte man einen kleinen Knopf und war zwei Sekunden lang informiert.
1974 Gab es den ersten programmierbaren Taschenrechner, 199 DM und keine Möglichkeit zu speichern, aber immerhin 10 Speicherplätze und 72 Programmzeilen. 1980 erreichte mich dann ein Computer namens Sinclair ZX80, das Display war ein umgebauter schwarzweiß Fernseher. 1995 das erste Handy von Siemens, schwer, NiCa-Batterien, ausziehbare Antenne aber schon mit SMS Funktion. 1996 kam die erste Digitalkamera von Kodak, 320*240 Pixel und 799 Euro.  Mit der Zeit kam noch ein Navi, ein GPS-Tracker von i-gotU, ein Sony-Digitalrecorder, ein Flachbildschirm, ein WLAN-Router, ein Bildtelefon über Laptop (GoogleTalk), eine Videokamera, ein Scanner und ein Langenscheid Übersetzungsstift, eine Taschenlampe und eine UKW-Scanradio, hinzu.

2013 Ein Samsung Galaxy S3

Der Preis des Smartphone ist kleiner als der meiner ersten Digitalkamera, aber es ist eben ein Gerät, das mühelos alle beschriebenen Geräte „in die Tasche“ steckt. Wenn ich den Knopf drücke, sehe ich sofort die UhrzeitJ.

Nein das Wunder dieser Technik liegt in der Vernetzung der Eigenschaften. Die Kombination der Funktionen Kamera, Bildschirm, Datenfunk, GPS, Prozessor, addieren sich nicht einfach, sie multiplizieren sich. Plötzlich kann man für fast jedes erdenkliche Problem eine App schreiben. 

Dieser Effekt ist unter dem Metcalfe´s Law bekannt, der Ethernet-Erfinder hat als erstes erkannt, dass der Nutzen eines Netzwerks mit der Teilnehmerzahl quadratisch wächst. Dabei ging er aber von Menschen aus. Heute sehen wir die Vernetzung von sehr vielen Funktionen mit einem extrem leistungsfähigen Prozessor. Genaugenommen entspricht die Rechenleistung des verbauten Quadcore etwa dem was 1994 auf der Liste der Supercomputer auf Platz 1 stand!

Weiter gedacht

Zukünftig werden sicher einige weitere Funktionen in das Smartphone integriert, aber vermutlich ist es entscheidender, den neuen Funktionsraum erst einmal hinreichend abzutasten. Ich denke, dass noch nicht ein Prozent der möglichen Apps geschrieben sind, und es sind schon einige hunderttausend geschrieben.
Weiterhin wird mit solch einem Gerät, das fast beliebig günstig in Serie hergestellt werden kann, die Möglichkeit eröffnet, fast alle anderen Funktionen die heute mit verschiedensten Spezialcomputern gelöst werden im Kern mit solch einem Gerät abzudecken. Es liegt nur an der Schnittstelle.

 Zuerst geht es natürlich dem Laptop an den Kragen, der eigentlich neben Tastatur und Bildschirm nur solch ein Smartphone benötigt. Ich denke aber auch an so komplexe Geräte wie ein Auto oder LKW, deren Steuerung heute mit einer Unzahl von Spezialrechnern abgedeckt wird, auch die Steuerung einer Windkraftanlage oder einer Solaranlage benötigt nicht mehr Rechen- und Kommunikationsleistung.  
Und all die anderen Geräte im Haus, vom Fernseher über Musikanlage bis hin zum Kühlschrank oder Staubsauger.

Sehen wir also den Übergang zu einer nächsten Stufe der Innovation, die vom Mikroprozessor angestoßen wurde?

Montag, September 03, 2012

Hyperplace U-Bahn

Seit ich mich erinnern kann, wird in München ein U-Bahnnetz ausgebaut. Innerhalb von 50 Jahren sind 100 km Schienen in den Untergrund verlegt worden. Für jeden Münchner wurden acht Zentimeter U-Bahnstrecke gebaut. Eine Investition von vier Milliarden Euro, die sich gelohnt hat.

Weltweites Wachstum

Doch nicht nur in München wurde eine U-Bahn gebaut, das Prinzip U-Bahn, 1863 in London noch mit kohlebefeuerten Dampflokomotiven gestartet, ist eine unglaubliche Erfolgsgeschichte, die einer näheren Betrachtung bedarf.
Seit der Einführung von elektrischen U-Bahnen ist der Einsatz in jeder sehr großen Stadt sinnvoll. Aber U-Bahnen sind teuer und eine enorm große Investition für eine Stadt. Damit sind U-Bahnen aber auch ein guter Indikator für Wohlstand und Wirtschaftswachstum. Das bemerkt man schon bei der Betrachtung, in welchen Jahren eine U-Bahn eröffnet wurde. Zwischen 1896 und dem Ersten Weltkrieg (WKI) ist fast jedes Jahr eine U-Bahn eröffnet worden. Jedoch zwischen 1913 und 1919 keine einzige. Danach hat der U-Bahnbau wieder Fahrt aufgenommen, wurde aber von der Weltwirtschaftskrise gedämpft. Zwischen 1936 und 1950 wurde keine einzige neue U-Bahn eröffnet! 
Inzwischen gibt es ein enormes Wachstum, allein im Jahr 2002 sind in fünf Städten neue U-Bahnen eröffnet worden, das letzte Jahr ohne einer U-Bahneröffnung war 1992.
Der weltweite jährliche Zubau an U-Bahnstrecken wächst seit 60 Jahren kontinuierlich an. Zur Vergrößerung anklicken.

Wachstumskurve

Ich habe versucht, das Wachstum der U-Bahnen grafisch aufzubereiten. Dabei flossen die sehr guten Daten von Wikipedia ein, die alle U-Bahnen aufgelistet haben. Der genaue jährliche Zubau an Gleisen ist zwar nicht bekannt, aber in erster Näherung nehme ich einfach an, dass jede Stadt seit Eröffnung der U-Bahn kontinuierlich neue Gleise verlegt. Das mag zu einigen Fehlern führen, liefert aber über viele Städte gemittelt ein brauchbares Resultat.
Seit 60 Jahren wächst also der Ausbau der U-Bahnnetze um 4% pro Jahr. Das erscheint zunächst als kleine Zahl, aber die Stetigkeit des Wachstums ist das Entscheidende. Inzwischen werden pro Jahr 350 km neue Strecken gebaut, soviel wie weltweit 1921 an U-Bahnstrecken vorhanden war, auch zur Freude der Tunnelbauunternehmen. (Heute gibt es weltweit 9000 km U-Bahnstrecke)

Bedeutung von U-Bahnen

U-Bahnen sind eine Art von Hypermobilität. Man steigt an einem Ort in die Tiefe und wird, ohne Erfahrung der Reisestrecke, zehn Minuten später am Ziel ausgespuckt. Etwas ähnlich zum Fliegen in Düsenjets, nur schneller und praktischer.
Dieser Transport macht Millionenstädte erst produktiv, ohne U-Bahn wären die entscheidenden Vorteile einer Stadt, viele Arbeitgeber, viele Ideen, viele Geschäfte, nicht nutzbar. Jeder U-Bahnmeter erhöht also die Produktivität auf der Welt und ist vielleicht ein besserer Maßstab als die Zahl der Internetanschlüsse oder Autos auf der Erde. Und es ist auch offensichtlich, dass die Städte mit den meisten U-Bahn-Kilometern auch oft die reichsten Großstädte der Welt sind, man denke an Shanghai (425km), London (402km) NewYork (337km).
U-Bahnen sind also nicht nur eine großartige Innovation, sie schaffen auch Neues, da sich in Städten mit U-Bahnen die Menschen schneller austauschen können. Diese Städte werden zu Hyperplaces.