Samstag, Juli 22, 2017

Warum IT Sicherheit in Tübingen entsteht

Syss Eröffnungsrede, gehalten am 21.7.2017


Sehr geehrter Bürgermeister Boris Palmer,
Sehr geehrtes Mitglied des Bundestags Dr. Martin Rosemann,
Liebe Mitarbeiter und Gäste, lieber Sebastian, liebe Familie Schreiber,

Es freut mich riesig, dass Deine Firma so aufblüht und Du so schnell die neue Firmenzentrale in Tübingen fertigstellen konntest!

Seit den ersten Tagen Deiner Sicherheitsfirma verfolge ich das erstaunliche Wachstum, und ich muss zugeben, ich hätte nicht gedacht, dass man mit Fragen der digitalen Sicherheit so lange so viele Aufgaben und Auftraggeber findet.
Boris Palmer, Oberbürgermeister in Tübingen, Sebastian Schreiber mit Krawatte 

Aber warum kann die Aufgabe der Sicherheitsprüfung von Firmennetzen von Dir in Tübingen so erfolgreich umgesetzt werden? Lass mich dazu etwas philosophieren.

Am Anfang war das „Wort“ oder in Griechisch „Logos“
Doch Worte können trügen und Worte werden nicht immer richtig weitergegeben, daher erfanden die Menschen die Schrift, um die Worte aufzuschreiben und sicher festzuhalten. Schreiben ist von fundamentaler Bedeutung für die Entwicklung einer Hochkultur. Ohne Schrift und Schreiber gibt es weder eine sichere Historie noch den Austausch von Wissen über große Distanzen.

Die Worte wurden niedergeschrieben und damit festgehalten, doch war der Inhalt der Nachricht auch wahr, oder gab es viele „fake news“?

Eine schwierige Frage, die bereits früh die Menschen umtrieb und interessante Strukturen, wie Religionen mit unfehlbarer Geschäftsleitung, hervorbrachte.
Um zu erkennen was wahr ist, und um das richtige Wissen weiterzugeben gründeten in der Renaissance die Herrscher Universitäten. Und Tübingen ist seit 1477 ebenfalls Ort der Wissenskontrolle, denn damals hat Graf Eberhard im Bart unsere Universität gegründet.
Eine Universität ist die Institution, die Wahrheit und Fälschung professionell unterscheiden soll.

Anzumerken ist hier, dass man schon damals in Tübingen schnell gebaut hat, so wurde die Universitätsgründung am 11. März 1477 öffentlich bekannt gegeben, im Sommer hat man fix zwei Fachwerkgebäude in der Münzgasse errichtet und bereits im Oktober 1477 konnten die Studenten dort Vorlesungen besuchen.

Zuerst hatten die theologischen Fakultäten mit der Epistemologie viel Arbeit, denn die Worte der Bibel sind widersprüchlich. Mit der Aufklärung wuchs die Bedeutung der Naturwissenschaften, die in die Geheimnisse der Natur eindringt (heute sagen wir „penetrate“) und Fehler (heute sagen wir „exploit“) in den Schriften aufdeckt. Die Physik analysiert Experimente und baut Wissen mathematisch strukturiert auf. Das neue Wissen wurde schriftlich fixiert, doch fehlte es an technischen Möglichkeiten der Weiterverarbeitung.

An dieser Stelle entwickelt sich die Thematik der Informatik. Das Wilhelm Schickard Institut, benannt nach dem Tübinger Theologen Wilhelm Schickard, dem Erfinder der Rechenmaschine im Jahre 1620, wurde, zunächst gemeinsam von der Fakultät für Physik und der Fakultät für Mathematik, 1986 in Tübingen gegründet.
Sie ist die Fakultät, an der Sebastian Schreiber sein Diplom in Informatik verliehen bekam.

Wenn man die Informationen digital speichert und überträgt, dann ist es anders als mit der schriftlich fixierten Information. Änderungen sind unsichtbar, es gibt nicht die Tinte des Schreibers, die einmal zu Papier gebracht, ein Dokument, eine Urkunde erstellt, die Veränderungen nur widerwillig zulässt und aufgrund der mikroskopischen Vorgänge dem Experten die Manipulation immer verrät.
Nein, in der Informatik gibt es nur gesichtslose Bits, die nichts über ihren Schreiber verraten und technisch manipuliert werden können. Diese Bits sind gerade für schnelle Manipulation optimiert, sie werden wegen ihres binären Charakters von den Informatikern so geliebt.

Der schmale Grat zwischen gewünschter technischer Manipulation und unerwünschter Verfälschung der Information ist oft im Nebel extrem komplexer Systeme verborgen. Das Internet hat einen Datenumsatz, der, wenn vollständig auf Papier geschrieben, die Erde jeden Monat vollständig neu einhüllen würde.  
Die Unterschiede in diesem Dschungel der Daten zu erkennen und einzuschätzen erfordert genaues Wissen auf diesem Terrain. Ein neues Gebiet der Wahrheitsforschung entsteht.

Nicht die Fakultäten der Theologen, Physiker oder Mathematiker haben die originäre Aufgabe, dieses Problem zu lösen, aber sie haben zusammen die Fähigkeiten entwickelt und an ihre Studenten weitergegeben um die Aufgabe zu bewältigen.

Sebastian Schreiber ist es gelungen, die besten Köpfe aus diesen Fakultäten, und von vielen anderen Fakultäten, zu gewinnen und zu dirigieren um dieser komplexen Aufgabe Herr zu werden.
Verortet in diesem gewaltigen Gebäude, das keine neue Fakultät sondern eine der erfolgreichsten Firmen hier, die SYSS in Tübingen, beheimatet.

Im Lutherjahr komme ich jetzt auf die Frage, was soll man zur Eröffnung des Gebäudes schenken? Auch wenn die Legende nicht sicher überliefert ist, dass Luther ein Tintenfass nach dem Teufel geworfen hat, ein Tintenfass für einen Schreiber, der diese als Waffe gegen die Unwahrheit verwendet, kann nicht falsch sein. Möge Dir die Tinte auch im Digitalzeitalter helfen.

Ich wünsche Dir, Sebastian, bei der Suche nach den verborgenen Fälschungen und beim Aufdecken gefährlicher Manipulationen viel Erfolg, auch wenn ich immer noch die Hoffnung habe, die Menschheit könnte ehrlich werden und Deine Arbeit nicht weiter benötigen.


(Prof. Dr. Eduard Heindl)

Montag, Juli 03, 2017

Elon Musk

Innovationen von Tesla, SpaceX bis Hyperloop

Im Innovationsblog darf eine Person nicht fehlen, das ist Elon Musk, der Visionär und mehrfache Unternehmensgründer, der nach Steve Jobs (1955-2011) als Leitfigur der Technologie Branche fungiert. Um den Menschen zu verstehen, habe ich seine Biographie [1] gelesen.

Elon Musk vor einem Tesla S

Die Zeit vor Tesla

Viele Menschen kann man besser verstehen, wenn man ihre Herkunft kennt. Musk ist gebürtiger Südafrikaner und aus einer Familie erfolgreicher Abenteurer. Sein Großvater ist wohl der erste gewesen, der mit einer einmotorigen Maschine von Südafrika nach Australien geflogen ist. Dazu gehört nicht nur Mut und hohe technische Begabung sondern auch ein gewisser Wohlstand.

Elon Musk selbst hatte eine rauhe Kindheit, solange eine Verletzung nur ein bisschen blutet ist sie nicht schlimm, lernt man im Buch. Er war ein absoluter Vielleser und hat wohl, nachdem er alle Bücher der lokalen Bibliothek durch hatte, die Encyclopedia Britannica noch als "Nachschlag" gelesen. Noch heute bewundern ihn viele wegen seines enormen (Detail-) Wissens. 
Parallel dazu hat er mit 12 Jahren bereits sein erstes Videospiel veröffentlicht, er ist wohl auch ein begnadeter Programmierer.

Das Videospiel, dass Elon Musk mit 12 geschrieben hat. (Quelle: Bloomberg)

Zum Studium ging er zunächst nach Kanada dann in die USA, genau genommen nach Kalifornien. Dort begann er dann eine Firma mit dem Namen Zip2 aufzubauen, aus der letztendlich Paypal hervorging und bei deren Verkauf er sehr wohlhabend wurde, ca. 200 Millionen Dollar hatte er danach auf dem Konto.

Weiterarbeiten trotz Reichtums

Der grundlegende Unterschied zu vielen anderen Biographien kommt genau in diesem Moment: Elon Musk hat sich nicht auf seinen Millionen ausgeruht und sie irgendwelchen Geldverwaltern gegeben, nein, er hat das nur als Basis für seine viel größeren Ziele gesehen. Darunter die Besiedlung des Mars um die menschliche Zivilisation dauerhaft vor Zerstörung zu schützen.

Andere erfolgreiche Gründer wie Bill Gates, Henry Ford oder die Google Gründer sind einen anderen Weg gegangen, sie sind in Ihrem Unternehmen geblieben und haben es zu extremer Größe wachsen lassen um dann, wie Bill Gates, einen Großteil des Geldes für wohltätige Zwecke auszugeben.

Die nahezu irrwitzige Idee, den Weltraum als Privatmann zu besiedeln, zeigt auch sein an der Grenze zum "Ver-rückten" liegende Welt. Die Welt hat Probleme, Atomkriegsgefahr, CO2, Mobilität, Energiekrise. Ein Retter der Welt muss es eben lösen, wenn es sonst niemand macht, so seine Philosophie.

Umsetzen in die Realität

Jede einzelne Aufgabe erscheint so schwer, dass weder Staat noch Großunternehmen es ernsthaft versucht haben. Das bemerkenswerte ist, er hat immer den richtigen Ansatzpunkt für den Hebel gefunden, das ist das Geniale, das nicht so eben nachzuahmen ist.

Eine besondere Begabung hat er wohl, Geschäftsbereiche zu erkennen, die durch lange etablierte Unternehmen, wie Autoindustrie und Raumfahrtunternehmen, unnötig hohe Preise auf dem Markt erzielen, zu erkennen und die Achillesferse zu finden, die einen Markteinstieg ermöglicht. 

Beispiel Tesla

Die Automobilproduktion ist seit fast hundert Jahren in einem Oligopol riesiger Konzern, die mit der Öl-Industrie zusammenarbeiten, organisiert. Mit billionen Umsätzen erscheint diese Branche praktisch unangreifbar, seit Jahrzehnten keine Neugründung. Hätte man einen Wirtschaftswissenschaftler im Jahr 2005 gefragt, in welche Branche man nicht eindringen kann, wäre die Antwort vermutlich: Automobilbranche. Die Situation ist höchstens mit Bill Gates vergleichbar, der die Macht von IBM trickreich mit der Software DOS gebrochen hat, aber die Innovationsstruktur war da eine andere.

Elon Musk hat erkannt, dass die Lithium Ionen Batterie, bekannt aus dem Laptop, eine Energiedichte aufweist, die ein Elektroauto ermöglicht, wenn auch zunächst nur extrem teuer. Aber damit war eine Lücke gefunden, die vermutlich absichtlich, niemand in der Automobilbranche sehen wollte.

Der erste Tesla, der Tesla Roadster (Quelle: Wikimedia)


Jetzt kommt eine abenteuerliche Geschichte, wie in kleinen Werkstätten, unter enormen Arbeitseinsatz und völligen Verzicht auf Luxus, ein Auto, der Tesla Roadster, entstand, das die Begierde der Reichen in Kalifornien weckte. Der Plan, den Elon Musk dann 2006 ins Internet stellte [2], lautet: Erst einen teuren Sportwagen bauen, mit den Einnahmen eine Oberklasse Limousine (Tesla S) mit diesem Geld dann einen Mittelklassewagen (Tesla 3) entwickeln und in großer Serie verkaufen. Der Plan wird gerade abgearbeitet, eine Strategie die über 10 Jahre trägt.

Vielfältige Ideen wie Edison

Wir kennen alle den Urtyp des amerikanischen Erfinders, Alva Edison (1847-1931), der vom Telegraph bis zur Glühbirne auf sehr unterschiedlichen Gebieten Erfindungen gemacht hat. Diese Vielfalt zeichnet auch Elon Musk aus, vom digitalen Zahlungssystem über die Weltraumrakete zum Elektroauto und Hochgeschwindigkeitszug ist alles dabei.

Die erste Stufe der Falcon Rakete kann selbstständig Landen (staticflickr)

Analog zu Edison ist auch ein unglaublicher Arbeitseifer, der zur schnellen Umsetzung der Ideen führt. Das Amerikanische ist dabei die "harsche" Personalführung, wie man liest, kann die nächste Besprechung für jeden Mitarbeiter die letzte sein, wenn Elon Musk vom Ergebnis nicht überzeugt ist. Möglicherweise ist dies aber nötig, um mit hoher Geschwindigkeit, Projekte umzusetzen.
Bei uns arbeiten nicht alle mit Beamtenmentalität, aber der "hire and fire" Stiel ist in Deutschland nicht gewünscht oder zulässig. 

Wie geht es weiter?

Elon Musk ist jetzt 45 Jahre (Geboren 1971) und damit noch fern einer "Rente". Ich kann mir problemlos vorstellen, dass er weitere 30 Jahre die Unternehmen bestimmt, die er gegründet hat. Das bedeutet aber, dass diese Unternehmen, die sehr stark von der Gründerperson emotional abhängen, ähnlich zu Apple oder Microsoft, gewaltig wachsen werden. So war Bill Gates im Jahr 1990 ebenfalls 45 Jahre alt, der Aktienkurs von Microsoft ist seither von 0,65$ (1990) auf 100$ (2017) angestiegen, das ist ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 20%. Es spricht meiner Meinung nichts dagegen, dass die Unternehmen von Elon Musk, dank der genial vermarkteten Lösungen ähnlich erfolgreich werden.

Aktienkurs von Tesla

In Zukunft gibt es dann Elektroautos, die preiswerter und leistungsfähiger als Benzinautos sind, Weltraumraketen, die wieder verwendet werden können, Schnellzüge, die mit Schallgeschwindigkeit die Metropolen verbinden, Tunnelsysteme, die Staus massiv reduzieren, Solarzellen mit Batterien die das Energieversorgungsproblem lösen. Und vielleicht auch eine Siedlung auf dem Mars, obwohl ich das am unwahrscheinlichsten halte.

Ein Artikel, in dem eine Idee von Elon Musk und eine von mir in der Wirtschaftswoche unter dem Titel "An diesen kühnen Ideen arbeitet die Forschung" beschrieben werde.

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Quellen:

[1] Elon Musk: Tesla, SpaceX, and the Quest for a Fantastic Future
2015 Ashlee Vance, ISBN 9780062301239
[2] Elon Musk The Secret Tesla Motors Master Plan (just between you and me)