Montag, Dezember 05, 2016

Bergbau auf Tabbys Stern

Baustelle in 1400 Lichtjahren Entfernung

Wer sich mit Bergbau beschäftigt, das tut man zwangsläufig wenn man einen Lageenergiespeicher bauen will, der sollte mal den ganz großen Blick wagen.
Bei meinen Untersuchungen zu dem mysteriösen Stern KIC 8462852 bin ich auf mehrere Aspekte gestoßen, die darauf hindeuten, dass wir ein exotisches Bergwerk sehen. Und das will ich mal genauer berichten.

Ein Rätsel sucht seine Lösung

Ein ungeklärter Fall der Astronomie ist die Beobachtung eines Sterns im Sternbild Schwan, der seine Helligkeit manchmal um bis zu 20% "absenkt" und dann wieder fast normal weiter leuchtet. Ich habe über das Phänomen schon mal unter dem Thema "Superzivilisation entdeckt" berichtet.

Aber als Physiker hat es mir keine Ruhe gelassen zu verstehen, was genau sehen wir denn da. Offenbar sind es nicht einfach Raumschiffe oder riesige Solarzellen sondern etwas das den folgenden merkwürdig gleichförmigen Dip in der Helligkeitsmessung erzeugt:

Bild 1: Der asymmetrische Dip [1]

Die Kurve ist sehr gleichmäßig und damit sollte es eine relativ einfache Struktur geben, die genau zu solch einer Kurve führt. Zudem kann man dann genau prüfen, ob man richtig lag, wenn man die Messung mit den Rechnungen vergleicht. 

Meine Theorie ist nun die folgende, die Superzivilisation benötigt Rohstoffe nachdem alle Planeten aufgebraucht wurden und diese werden einfach aus der dortigen Sonne gewonnen. Eine Sonne enthält nicht nur Wasserstoff und Helium sondern auch 6000 mal mehr Metalle wie ein Planet. 

Um an die Rohstoffe zu kommen muss man "nur" die üblichen Sonnenprotuberanzen, siehe Bild 2, geschickt nutzen.

Bild 2: Natürliche Sonneneruption

Dies macht man am einfachsten, indem man mit großen Spiegeln auf eine bestimmte Stelle der Sonne leuchtet, dabei eine Überhitzung erreicht und das Material dann weit in das Sonnensystem hinein aufsteigt. Also einen Materialstrahl wie in Bild 3 dargestellt erzeugt.

Bild 3: Gerichteter Strahl von Sonnenmaterie

Dieser Strahl muss noch mit Magnetfeldern stabilisiert werden, dazu nimmt man einen Beschleuniger wie am CERN nur etwas größer, sollte aber aus physikalischen Gründen für eine Superzivilisation kein wirkliches Problem sein.

Hat der Strahl eine Höhe von etwa der Marsumlaufbahn erreicht, lenkt man den Strahl in die Umlaufbahn und hat frische Metalle, direkt von der Sonne. Hinweis: Metalle sind für Astronomen alle Elemente jenseits von Helium, also Lithium, Aluminium aber auch Kohlenstoff und Sauerstoff.

Dies kann man alles genau berechnen, ich stelle hier das nur in einer Skizze dar, Bild 4, wer es genau wissen will, kann mein Paper unter https://arxiv.org/abs/1611.08368 abrufen.


Bild 4: Der Materiestrahl dreht sich und hat eine "Rauchfahne"

Rechnet man die geometrische Situation und stellt die Parameter so ein, dass man möglichst genau mit den gemessenen Daten des Kepler Teleskops übereinstimmt, bekommt man die folgende Messkurve in Bild 5:

Bild 5: Gute Näherung an die Messkurve

Dort sind die Messwerte als kleine Kreuze und die Näherung als gestrichelte Linie dargestellt. Da der Unterschied kaum zu sehen ist, habe ich den Fehler, den Unterschied zwischen Berechnung und Messung, noch als Fehlerkurve (Error) hervorgehoben. Zumeist liegt der Fehler im Bereich des Messfehlers, an einigen Stellen, wo die Kurve extrem schwankt, sind es immer noch weniger als ein Prozent.

Daraus schließe ich, das Modell könnte die wahre Situation gut wiedergeben. Wenn das so ist, kann man die Umlaufzeit der Struktur, also des Strahls um den Stern, aus der Kurve berechnen. Insbesondere wenn man den Bereich nimmt, in dem der Strahl pur zu sehen ist, das ist im rechten Bereich des Bilds 5. Diesen Bereich (rot) habe ich gesondert genähert und dann das Bild 6 bekommen:

Bild 6: Näherung der rechten Flanke


Der Fehler (roter Bereich) sinkt dann unter ein Promille und lässt auf eine Umlaufzeit von 727 Tagen schließen. Das ist spannend, denn jetzt kann man in den Beobachtungsdaten nachsehen, was nach 727 Tagen passiert, Bild 7:

Bild 7: Zeitlicher Verlauf der Beobachtungsdaten

nach genau 726,77 Tagen gibt es wieder einen starken Dip, den wir mal genauer in Bild 8 betrachten:

Bild 8: Dip um den Tag 1519

Eine komplexe Struktur, die sich mit drei ähnlichen Strahlen, wie beim ersten tiefen Dip an Tag 792 mathematisch nachbilden lässt. Aber es gibt einige relevante Abweichungen. Auf der linken Seite, dort wo die "Rauchwolke" ist, fehlt Material, was man durch ein starkes Ansteigen der Helligkeit auf fast Ausgangshelligkeit sieht. Das könnten bereits abtransportierte oder verdichtete Rohstoffe sein.

Auf der rechten Seite sieht man eine "Beule", die eine zusätzliche Absorption verursacht. Das könnte ein großer Spiegel sein, der für die Aufheizung benötigt wird. Wir wissen es nicht, aber es gibt noch eine dritte Beobachtung die auf ein Bergwerk hinweist. 

In der Umlaufbahn um den Stern scheinen viele Objekte zu fliegen, die zu permanenten kleineren Schwankungen der Helligkeit führen. Dies ist in Bild 9 dargestellt:

Bild 9: Gemittelte Helligkeit

Sieht man auf die gemittelte Helligkeit über 83 Messwerte (schwarze Linie), dann sieht man bis zum Tag 1440 sehr viele Schwankungen, vermutlich durch verschiedene Objekte in der Umlaufbahn. Ab dem 1440. Tag sind diese Schwankungen weg und dann beginnt ab ca. Tag 1500 das "Bergbaugebiet". Insbesondere am Tag 1519 der bekannte Dip.

Geht man jetzt davon aus, dass keiner hochwertige Raumstationen, Spiegel und Solarzellen in die Nähe der "Rauchwolke" des Bergwerks bringen will, wird das merkwürdige Verschwinden des Rauschens ab Tag 1440 sofort verständlich.

Beweislage

Wie ich zu zeigen versuche, gibt es einige sehr deutliche Zeichen, dass wir das Phänomen "Starlifting", wie man in der Fachsprache den Bergbau von Solarmaterial nennt, sehen. 
  • Die Messkurve am Tag 792 passt sehr gut zum Modell
  • Der Zeitabstand aufgrund der Messkurve berechnet den Ort des nächsten Dips
  • Fehlende Materie am Tag 1518 kann durch Materialgewinnung erklärt werden
  • Der merkwürdige Abfall des Rauschens ist ein Hinweis auf einen "Bauzaun"
Da es bisher nicht annähernd ein besseres Modell gibt, bin ich mal auf den 21. Februar 2017 gespannt, dann sollte nämlich wieder das "Bergwerk" als Schattenspiel des Sterns KIC8462852 beobachtbar sein. Meine Prognose, wir können anhand des Spektrums dann mehr Details des Vorgangs erkennen.

Mehr zum Stern

In meinen englischsprachigen Blog "Some Science" habe ich viele weitere Details zu den Stern beschrieben. Viel Spaß beim Lesen.

Sonntag, Oktober 30, 2016

Das Ende der Bahn

Hat die Bahn eine Zukunft?

In meiner Jugend bin ich sehr viel Bahn gefahren und dies aus zwei Gründen, zum einen hatte ich kein Auto, zum anderen fand ich die Bahn eine ökologisch sehr günstiges Verkehrsmittel. Noch immer besitze ich eine Bahncard First für gelegentliche Zugreisen.
Heute fahre ich relativ viel mit dem Auto, mit meinen elektrisch angetriebenen Tesla, und bei großen Strecken nehme ich das Flugzeug, doch ist das wirklich eine vertretbare Art zu reisen? In diesen Blog will ich mal auf die Zukunft der Bahn eingehen

Vorteile der Bahn

Die Bahn hat einen sehr großen Vorteil bei Reisen, das Mitfahren im Zug ist einfach im Vergleich zum Flugzeug. Man löst schlicht und einfach eine Fahrkarte, heute kann man dies normalerweise von zu Hause aus, und steigt in den Zug, ohne Sicherheitskontrolle, und los geht die Reise. Im Zug sitzt man bequem, muss sich nicht um den Verkehr kümmern und kann gegebenenfalls den Laptop aufklappen und sogar arbeiten. Je nach Ziel  ist man einige Stunden später angekommen steigt aus und kann seinen Geschäften nachgehen.
Weltkulturerbe Rhätische Bahn, die wird bleiben!

Die Praxis

Soweit die Theorie leider sieht die Praxis deutlich anders aus. Wer nicht direkt am Bahnhof wohnt muss diesen erstmal erreichen.
Da am Bahnhof die Züge nicht kontinuierlich abfahren, sondern für das jeweilige Reiseziel zu einer festen Zeit, typischerweise jede Stunde, muss man exakt rechtzeitig am Bahnhof ankommen. Schon eine Minute zu spät und man wartet eine weitere Stunde. Diese Nichtlinearität führt zu sehr unangenehmer Hektik und gegebenenfalls zu einer selbst verursachten Verspätung.
Nicht selten wartet man im schlechten Wetter auf den Zug.


Sitzt man im Zug und will arbeiten, ist es leider nicht ganz so bequem wie gedacht, denn das wichtigste was man am Laptop benötigt ist das Internet. Erstaunlicherweise ist es der Bahn bis heute nicht gelungen auf ihrem überschaubaren Streckennetz eine stabile, schnelle Internetverbindung herzustellen. Ich erinnere mich an einen Flug nach Abu Dhabi, im Flugzeug zahlte ich 1 € und hatte eine perfekte Internetverbindung! Wenn dies technisch möglich ist müsste das doch auch in einem dicht besiedelten Gebiet, wie in Deutschland, möglich sein. Ohne Internetverbindung kann ich praktisch nicht arbeiten und auch mit sporadischer Internetverbindung ist mir nicht wirklich geholfen.

Das nächste Problem ist die geplante Ankunft. Fährt man nur eine einzige Strecke mit einem Zug ist die Chance relativ gut dass man das Ziel rechtzeitig erreicht. Allerdings, sobald man auf der Strecke mehrmals umsteigen muss, sinkt die Wahrscheinlichkeit leider dramatisch. Dies liegt wieder an der Nichtlinearität, das bedeutet, hat mein Zug 10 Minuten Verspätung werde ich den Anschlusszug nicht erreichen habe damit eine Stunde Verspätung und der gesamte Tagesplan wird ein Desaster.
Bahnstation in Paris

Menschen die trotzdem geduldig mit der Bahn und dem Intercitys unterwegs sind sagen sich, dies ist eben eine ökologisch günstigere Variante der Fortbewegung. Mit elektrischem Strom, zumeist aus Wasserkraft oder Solarenergie, kann ich die Umwelt schützen. Der Verbrauch pro 100 km liegt im Durchschnitt bei 4-5 Litern Benzin (genaugenommen der vergleichbaren Energiemenge) wenn ich Intercity fahre [1].

Neue Infrastruktur 

Um die Probleme von Verspätungen oder ähnlichem zu lösen versucht die Bahn mit massiven Investitionen in die Infrastruktur die Lage zu verbessern ein Beispiel ist der neue Stuttgarter Bahnhof der leider zehn Milliarden Euro kosten wird. Damit wird vielleicht die Durchfahrt durch Stuttgart etwas schneller für Leute die Stuttgart nicht als Reiseziel haben. Allerdings rechnen sich solche Investitionen bei der Bahn, ob es sich um Tunnel, Neubaustrecken oder Tief-Bahnhöfe handelt, erst nach circa 80 Jahren (Abschreibungszeitraum). Wir  müssen also daran glauben, dass die Bahn bis zum Ende dieses Jahrhunderts noch fährt doch ist das wirklich realistisch?
Komplexe Infrastruktur der Bahn

Das autonome Elektroauto

Ökologische Vorteile

Eine neue Alternative zur Bahn wird das vollautomatische Elektroautos sein, dieses fährt vom Haus zu Haus und nutzt dabei elektrischen Strom als Antrieb, der, ebenfalls wie der Bahn Strom, aus ökologisch günstigen Quellen hergestellt werden kann.
Bereits heute benötige ich für meinen Tesla nur 20 Kilowattstunden pro 100 Kilometer, das entspricht etwa der Energie von 2 Litern Diesel und selbst bei Berücksichtigung von Wirkungsgraden im Kraftwerk nur vier Litern Brennstoff (bei Ökostrom nahezu CO2 frei).
Das autonome Solarauto?

Nimmt man noch hinzu, dass Autos in Zukunft vielleicht besser ausgelastet werden, dank verschiedener vollelektronischer Mitfahrzentralen, ich selber nutze gerne BlaBlaCar, so steigt die Personenzahl von heute 1,5 vielleicht auf zwei oder sogar drei. Damit würde eine Person die reist nur einen Liter Treibstoff (oder 7kWh Strom) pro 100km benötigen.
Da das Elektroauto, vergleichbar dem Zug, völlig emissionsfrei auf der Reise fährt, werden auch die Innenstädte oder Straßenanwohner eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität erleben, da Abgase und Lärm deutlich  bei elektrischen Fahrzeugen vermindert sind.

Reisezeit 

Die optimale elektronische Navigation führt bereits heute zu einem sehr viel zuverlässigerem Ankommen mit dem Auto als mit der Bahn, so ist zumindest meine Erfahrung bei den letzten 30 000 km mit dem Auto, die nie zu einer Verspätung im Bereich von Stunden geführt haben.

Die faktische Reisezeit mit dem Auto ist zudem erheblich kürzer. Dies liegt zuerst am Abfahrtszeitpunkt, den ich mit dem Auto beliebig wählen kann. Bei der Bahn aber im günstigsten Fall an einen Stundentakt gebunden bin. 
ICE im Stundentakt, das bedeutet Abfahrtszeit nie optimal.

Das bedeutet ich fahre mit der Bahn im Durchschnitt 30 Minuten früher weg als ich eigentlich müsste, das gleiche gilt natürlich nochmals am Ziel, dort komme ich im Durchschnitt eine halbe Stunde früher an wie es sein müsste, mithin verlängert sich jede Reise bei der ich die Bahn benutze um mindestens eine Stunde, wenn man von gleicher Fahrtgeschwindigkeit ausgeht. Erst bei Zielen, die über 500 km entfernt liegen, kann, durch die hohe Geschwindigkeit des ICE, etwas Zeit gewonnen werden. Doch dann ist es meistens sogar bequemer das Flugzeug zu wählen, da dort die Reisegeschwindigkeit drastisch gegenüber den Zug sinkt.

Bleibt noch der Vorteil dass man im Zug entspannt fährt und gegebenenfalls arbeiten kann. Dies  ist natürlich auch in einem Auto möglich, das vollautomatisch fährt, dort kann ich ebenfalls meiner Arbeit nachgehen. Interessanterweise habe ich beobachtet, dass im Auto die Internetverbindung beziehungsweise Telefonverbindung erheblich besser ist als bei Zugreisen.

Reisekosten

Bleiben noch die Kosten. Die Fahrt mit dem Auto ist normalerweise etwa gleich teuer wie die Fahrt mit dem Zug. Über die komplexe Struktur von Bahn-Preisen will ich hier nicht berichten, jedoch wird ein Auto in Zukunft, das mehrere Passagiere mitnehmen kann, vollautomatisch fährt und elektrische Energie nutzt, typischerweise wenige Kosten pro Passagier haben als heute. Ich gehe von einem Faktor von 3 oder höher aus. 
Damit wird die Autoreise aber deutlich billiger als die Bahnreise ohne dass es einen nennenswerten Komfortverlust gibt. 

Das Ende der Bahn dämmert

Die logische Konsequenz aus diesen Überlegungen ist natürlich, dass der Bahnbetrieb wesentlich weniger Passagiere hat, mit der Folge, dass entweder die Zahl der Züge ausgedünnt wird mit einer Kettenreaktion in Richtung weniger Züge, weniger Passagiere, ungünstigere Verbindungen und letztendlich der komplexe Bahnbetrieb sich nicht mehr lohnt.
Das letzte Abstellgleis

Alternativ kann der Staat natürlich eine Weile die Bahn (noch stärker) subventionieren, doch ohne sinnvolles Motiv für diese Subventionen, also ökologische oder volkswirtschaftliche Art, wird sich das politisch nicht durchsetzen lassen, womit das Ende der Bahn besiegelt ist. 

Wie lange wird es noch dauern bis der letzte Zug ausfährt?

Diese Frage kann man natürlich nicht mit einer simplen Jahreszahl beantworten und muss es auch etwas differenzieren.

In Großstädten werden weiterhin Massentransportmittel wie die U-Bahn eine Rolle spielen, da diese unübertroffen effizient in dicht besiedelten Gebieten die Menschen an ihre Ziele bringt. 

U-Bahn Tunnel
Auf Fernstrecken und in ländlichen Regionen erscheint es mir aber kaum möglich einen Bahnverkehr für Passagiere aufrechtzuerhalten. 

Ein anderes Thema ist der Güterverkehr. Hier könnte durch eine Automatisierung der LKW sogar eine erhebliche Renaissance auf der Schiene stattfinden, wenn das Umladen von Containern zwischen Bahn und Strasse vollautomatisch erfolgt.
Amerikanischer Güterwagen


Für den Luftverkehr auf mittleren Strecken könnte sich eine neue Form, etwa der von Elon Musk geförderte Hochgeschwindigkeitszug Hyperloop (Geschwindigkeiten bis 1000 km/h) als brauchbare Lösung für den Personenverkehr darstellen. 
Wir werden also im nächsten Jahrzehnt erleben, wie es zu einen rapiden Verfall der Bahn Struktur kommt und so ist es heute aus meiner Sicht verantwortungslos, immense Investitionssummen in die Infrastruktur der Bahn zu stecken, etwa Tief-Bahnhöfe, Neubaustrecken oder Ähnliches, da keineswegs sicher ist, dass sich dieser Aufwand jemals lohnen wird. Besser wäre es kurzfristig Bahn und Bus etwas bequemer und effizienter auszustatten bis die Ablösung dieses, über 180 Jahre alten Verkehrsmittels, erfolgt.
Museumsbahnen wird es noch lange geben.

Quellen

[1] Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 14.10.2007, Nr. 41 / Seite 69, berücksichtigt werden Auslastung, Streckenlänge und Anreise zum Bahnhof.   

Montag, September 26, 2016

Wissenschaft an der Grenze

Aktuelle Grenzfälle in der Wissenschaft

An der Grenze zwischen Wissen und Unbekannten, dort wo uns nicht genügend Information zur Verfügung steht, passieren oft die interessantesten Dinge. In diesem Blog will ich einige Themen aufgreifen und versuchen zu verstehen, warum wir Manches nicht verstehen.

Selten und seltsam

Eine alte Geschichte und trotzdem ungelöst, der Kugelblitz. Fast das Synonym für ein Rätsel in der Wissenschaft und auch ein gutes Beispiel für einen Prototypen unverstandener Phänomene.
Ein Kugelblitz ist eine Leuchterscheinung in Form einer Kugel mit einem Durchmesser von etwa einem Meter. Das Leuchten dauert einige zehn Sekunden und dabei bewegt sich die Kugel.

Das Problem, eine derartige Erscheinung sollte es nach den bekannten Gesetzten der Physik nicht geben. Warum hat die Physik damit ein Problem? Erstens gibt eine Leuchterscheinung Energie ab, woher nimmt der Kugelblitz aber die notwendige Energie? Zweitens handelt es sich um ein kompaktes Gebilde, was hält das Gebilde zusammen? Weiterhin wird berichtet, dass der Kugelblitz durch feste Wände, Fenster oder Ähnliches dringen kann. Auch letzteres verbietet sich für "gewöhnliche" Phänomene.
Spektrum eines Kugelblitzes, Quelle: Wikipedia
Ein fundamentales Problem der Erscheinung ist, dass sie nicht in einem Labor beobachtet werden kann. Das liegt daran dass das Phänomen nicht verstanden ist und sehr selten beobachtet wird. Geht man davon aus, dass Kugelblitze mit einer gewissen Häufigkeit auftreten, so sollte die Zahl von Fotografien und Filmen in den letzten Jahren massiv zugenommen haben, analog zu vielen Bildern von Meteoriten. Aber es gibt praktisch keine überzeugenden Bilder, daher kann man vermuten, dass es zumindest nicht so viele Kugelblitze gibt, wie es Erzählungen davon gibt. Die einzige ansatzweise überzeugende Beobachtung stammt von Chinesischen Wissenschaftlern, die einen Kugelblitz zufällig mit Instrumenten gefilmt haben, die Blitze untersuchen sollten. Dort war der Kugelblitz vermutlich ein Nebenprodukt des Blitzeinschlags und des verdampfenden Erdreichs in Verbindung mit einer Hochspannungsleitung.

Ob das beobachtete Phänomen identisch ist mit den phantasievollen Erzählungen von Kugelblitzen die durch Flugzeuge schwirren und durch Fenster fliegen können halte ich für unwahrscheinlich, insbesondere war der "chinesische" Kugelblitz immerhin fünf Meter groß. Meine Vermutung ist, bei vielen Berichten über Kugelblitzen hat man es eher mit einem psychologischen Phänomen zu tun das eine Beobachtung uminterpretiert, als mit einem physikalischen Phänomen.

Experimente zur kalten Kernfusion

Wie schon mehrmals in diesem Blog "Kalte Fusion Fakt oder Fatamorgana" angesprochen, wird immer wieder Berichtet, dass Palladium zusammen mit Wasserstoff in einem Elektrolyseur Wärme entwickelt und zwar so viel, dass es nicht durch die Stromzufuhr oder die möglichen chemischen Reaktionen erklärt werden kann. 

Das Phänomen wird also im Labor beobachtet, aber es ist offensichtlich notorisch schwer zu reproduzieren. Damit hat die seriöse Wissenschaft aber ein Problem, nur reproduzierbare Phänomene können näher untersucht werden. Ein Phänomen das von den Experimentatoren berichtet wird, aber unter (scheinbar) gleichen Bedingungen in einem anderen Labor nicht auftritt, ist zumindest merkwürdig. Die Tatsache, dass es ökonomisch extrem wertvoll wäre, die kalte Kernfusion zu beherrschen, aber kein einziger Investor dort ernsthaftes Kapital eingebracht hat, lässt mich an den Beobachtungen zusätzlich zweifeln. 

Hier hat man es nicht nur mit einem seltenem Ereignis zu tun sondern mit einem Phänomen, das wertvoll wäre, der Einzige der standhaft behauptet, er könne die kalte Fusion beherrschen ist Andrea Rossi. Einmal wäre ich ihm fast begegnet, auf der Energiemesse 2015 in Abu Dhabi hatte er den Messestand neben mir gebucht. Ich war schon sehr auf die Vorführung gespannt, aber der Stand blieb leer, seine Firma mit dem vielversprechenden "Reaktor" ist nicht gekommen. Mir bleibt insbesondere nach genauer Analyse seiner Berichte nichts anderes übrig als ihn als Schwindler einzustufen.

Rätsel der Biologie: Entstehung des Lebens

Vor gut vier Milliarden Jahren ist die Erde erkaltet, kurz nachdem noch ein Planet eingeschlagen hat, infolge dessen der Mond entstand ist.

"Nur" wenige Millionen Jahre später könnte es schon die ersten biologischen Prozesse gegeben haben, zumindest hat man in Australien einen 4,1 Mrd. Jahre alten Zirkonkristall gefunden, in dem Graphit eingeschlossen ist, der eine ähnliche Zusammensetzung hat, wie man es bei biologischen Prozessen vermutet [1]. 

Das große Problem ist hier wieder, die Entstehung des Lebens ist selten, genaugenommen haben wir nur einen einzigen eindeutig nachgewiesenen Fall, eben hier auf der Erde. Zudem liegt die Entstehung mit vier Milliarden Jahren extrem weit in der Vergangenheit. Erstaunlich genug, dass man aus dieser Zeit substanzielle Fundstücke hat. Spannend ist, dass man durch das Vererben des Genoms sehr weitgehende Rückschlüsse auf die Entstehung durch Entschlüsselung der Gene ziehen kann. 

Aber der Prozess der ersten Entstehung von reproduzierenden Zellen bleibt so lange im Dunklen, solange wir nicht selbst einen ähnlichen Prozess im Labor nachbilden können oder vielleicht durch einen Fund auf einen anderen Planeten oder Mond anderes Leben finden. Dies bedeutet allerdings keinesfalls, dass die Entstehung des Lebens in Zweifel zu ziehen ist, da offensichtlich die Erde voll mit Lebewesen ist,

Die Schwierigkeit liegt in einer plausiblen Abschätzung über die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Prozess des Lebens startet. Die Tatsache dass er kurz nach Erkalten der Erde einsetzte lässt eine relativ einfache Entstehung vermuten, auch wenn man einen Ozean über Jahrmillionen kochen muss, ist das auf einer astronomischen Skala ein "einfaches" Experiment. Dass er nicht im Labor mit wenigen Litern Wasser und einigen Jahren Geduld gelingt bleibt trotzdem nachvollziehbar.

Es gibt also Phänomen, die sind vorhanden, aber nicht im Labor abbildbar, das ist nicht so ungewöhnlich, man denke nur an die Kernfusion in der Sonne. Die Wissenschaft arbeitet sich in solchen Fällen an die Fragestellung durch Näherung an.  Experimente mit analogen Situationen und eine genaue Analyse der beobachteten Situation können zur Aufklärung dienen. Mit etwas Glück kann dann auch eine Reproduktion gelingen.

Fremde Welten

Jenseits unseres Sonnensystems gibt es auch Beobachtungen, aus denen sich die Wissenschaft keinen Reim machen kann, oder will? 
Es gab mehrere Versuche, Radiosignale von anderen Zivilisationen zu empfangen. Und es gibt zumindest zwei Fälle, in denen ein Signal einmal empfangen wurde, das sehr merkwürdig war, das sogenannte WOW! Signal aus dem Jahre 1977 und neuerdings ein Signal, das 2015 am Ratan-600 Radioteleskope aufgefangen wurde. 

In beiden Fällen leidet die Untersuchung daran, dass keine weiteren Signale aus der Himmelsregion kommen und somit keine Verifikation möglich ist. Wenn man weis, wie viele Radiosignale unter unterschiedlichsten Umständen auf der Erde ausgesendet werden, könnte es auch einen irdischen Ursprung geben, auch wenn versucht wird dies durch sorgfältige Signalanalyse auszuschließen.
Die letzte beobachtete große Abdunklung von Tabby's Star, die Signale haben das Verhältnis 1:2:6.
Wesentlich schwieriger ist es, das merkwürdige Abdunkeln des Sterns KIC8462852 zu verstehen. Mehr dazu in einem eigenen Blogbeitrag über Tabby's Star. Einer von 150.000 Sternen der mit dem hochpräzisen Satelliten Kepler über vier Jahre beobachtet wurde. Dabei kam es über zehn mal zu ungewöhnlichen, genauer gesagt extrem ungewöhnlichen, Einbrüchen der Helligkeit des Sterns. 

Leider ist das Weltraum-Teleskop zufällig gerade dann kaput gegangen, als die Beobachtungen am spannendsten wurde und weitere Signale sind bisher (26.9.2016) nicht gefunden worden. Der Stern ist weit weg, etwa 1400 Lichtjahre und wir sind auf die Interpretation der Signale angewiesen um entscheiden zu können, ob die Ursache gewöhnlich, etwa von Kometen, oder sehr ungewöhnlich, von einer Superzivilisation verursacht wurde. 

Was kann die Wissenschaft leisten?

Wie kann die Wissenschaft hier die Kontroversen entscheiden? Mal angenommen es gibt keinen weiteren Beobachtungen, dann muss man mit den vorhandenen Daten leben. An der Grenze von Beobachtung zur wissenschaftlichen Erklärung gibt es immer eine "Grauzone", in der es möglich ist, eine Entdeckung zu machen.

Es gibt dafür viele Beispiele, so wurde im Michelson-Morley Experiment 1887 beobachtet, dass die Lichtgeschwindigkeit fest ist, es hat fast 20 Jahre gedauert, bis Einstein das Rätsel mit der speziellen Relativitätstheorie löste. Das bedeutet nicht, dass die Experimente über 20 Jahre falsch waren, es bedeutet, dass zwischen Beobachtung und Verstehen oft eine längere Zeit liegt.

Für mich als Physiker ist die Grenzlinie zwischen Verstandenem und Unbekannten das spannendste Gebiet. In dieser "Grauzone" werden Entdeckungen, Erfindungen und Innovationen gemacht. Daher hoffe ich, dass es noch lange diese Grauzone gibt und nicht alles Schwarz-Weiss in der Wissenschaft ist.

Noch ein letztes Wort: Leider verstehen viele Menschen nicht, was diese Grauzone ist, es sollte nicht der Bereich der Pseudowissenschaft sein, die solche Fragen mit esoterischen Erklärungen füllt, sondern es sollte eine Aufforderung zum weiteren Experimentieren und Analysieren mit naturwissenschaftlichen Mitteln sein.

Auch lesenswert:


Quellen:

[1] Erstes Leben schon vor vier Milliarden Jahren? scinexx

Montag, August 22, 2016

Unsere Zukunft mit Astronomie verstehen

Astronomie kann indirekt Gefahren erkennen

In diesem Blog will ich nicht auf den Aberglauben Astrologie eingehen, sondern auf neuartige Analysen der Geschichte.
Es geht um die Frage, kann uns die Beobachtung der Sterne, fremder Planeten und Galaxien einen Hinweis auf unsere Zukunft geben und insbesondere, können wir dadurch große Gefahren besser einschätzen. Ich will aber nicht an dieser Stelle auf Asteroiden eingehen, die die Erde bedrohen.

Eine kurze Geschichte der Menschheit

Blicken wir auf die Geschichte unseres Universums, das vor 13,8 Mrd. Jahren entstand, dann ist für uns auf der Erde relevant, dass es die Erde schon seit 4 Mrd. Jahren gibt. Und sehr bemerkenswert ist, dass es bereits kurz danach das erste Leben gab, je nach Analyse begannen biologische Prozesse vor 3,8-3,5 Mrd. Jahren.

Vor etwa 500 Millionen Jahren kam es dann zum Sex mit der Folge, dass das Leben einen unglaublichen Aufschwung genommen hat, in der sogenannten Kambrischen Artenexplosion entstanden innerhalb weniger Millionen Jahre alle grundlegenden Baupläne der Natur, vom Insekt bis zum Wirbeltier. Seit etwa 500 000 Jahren gibt es Menschen und seit 500 Jahren Bücher. Seit 50 Jahren fliegen wir ins Weltall und bauen Rechner mit Silizium.
Bisher scheint alles glattgelaufen zu sein, nie ist das Leben oder unsere Zivilisation vernichtet worden. Ob das so bleibt, würde man natürlich gerne wissen, und da könnte die Astronomie Hinweise geben.

Die Frage nach den Außerirdischen

Enrico Fermi stellte die Frage: "Wo sind sie denn?" (Wo sind die Außerirdischen)
Je nach persönlicher Meinung gibt es Außerirdische oder eben nicht. 
Ich unterscheide daher die beiden Fälle getrennt.

A. Es gibt keine Außerirdischen
(siehe auch den Blogbeitrag "Sind wir allein im Weltall")
Folgerung: Wir sind die einzige Zivilisation im Universum und es muss irgendetwas in der Geschichte gegeben haben, das so noch nie auf einem anderen Planeten stattgefunden hat. 
Die Tatsache, dass bereits kurze Zeit nach Abkühlen der Erde erste Einzeller gab, lässt es unwahrscheinlich erscheinen, dass auf anderen Planeten, und davon gibt es Milliarden allein in unserer Milchstraße, keine Einzeller entstanden sind.

Kritischer scheint schon die Entwicklung höherer Lebensformen zu sein, 80% der Geschichte auf der Erde fand nur mit Einzellern statt! Eine völlig vereinfachte Abschätzung könnte uns vermuten lassen, dass nur jeder 5. Planet mit Leben auch höhere Formen entwickelt.
Danach schien alles rapide auf den Menschen und unsere Zivilisation zuzulaufen.

Damit gäbe es aber immer noch Millionen Planeten in der Galaxie, die mit Zivilisationen überzogen sind. Wenn es also keine gibt, kann das nur bedeuten, dass sich die Zivilisationen sehr schnell selbst zerstören, mit welchen Mittel auch immer. Ich komme darauf noch zurück.

B. Es gibt Außerirdische
Wenn es Außerirdische gibt, dann wäre dies aus dieser Sicht höchst erfreulich. Denn es bedeutet, eine Zivilisation kann lange überleben. Bleibt aber noch das Problem, warum wir dann noch keine gefunden haben. (Oder haben wir schon welche gefunden, siehe Blogbeitrag "Erste Super-Zivilisation entdeckt")

Schwierigkeiten bei der Suche nach einer anderen Zivilisation

Sehr leicht machen auch seriöse Wissenschaftler den Fehler, sich Super-Zivilisationen sehr ähnlich zu unserer, sich vorzustellen. So gibt es die Suche nach Radiosignalen (SETI), obwohl es schon heute schwer ist, einen Jugendlichen mit Radio zu finden (;-). 

Auch die seriöse Überlegung, welche Signale wir zur Kommunikation innerhalb unserer Zivilisation verwenden, hat sich massiv geändert. Gab es in den 1970 Jahren sehr starke Sender, für die Farb-TV Versorgung, haben wir, heute Internet in Glasfasern das keinerlei Signale ins Weltall abgibt.
Auch die starken Radarstrahlen zum Erkennen von Flugzeugen oder feindlichen Raketen sind sicher kein dauerhaftes Element unserer Zivilisation. Letztendlich wird man immer versuchen Signale so aufzubereiten, dass sie nur den Empfänger erreichen und damit erzeugt eine Zivilisation kaum unabsichtlich Radiosignale die jenseits des Sonnensystems reichen.

Verbleiben die Zivilisationen, die absichtlich Radiosignale aussenden, weil sie das für die beste Technologie der interstellaren Kommunikation halten. Darüber kann man streiten, faktisch hat man jedoch noch keine Radiosignale, außer vielleicht das WOW! Signal, entdeckt. 

Es gibt noch einige andere uns bekannte Ansätze zu kommunizieren, etwa mit Laser-Strahlen, die sehr gut gebündelt werden können. Zudem kann man bereits heute kurze Laserimpulse erzeugen, die 10 Terawatt haben, mehr Leistung als alle Kraftwerke der Erde zusammen.
Möglich sind auch sehr große Spiegel, die das Sonnenlicht manipulieren. Diese Systeme haben den Vorteil, dass man mit relativ wenig Aufwand die gewaltige Energie der Sonne direkt nutzen kann. Nicht ganz unähnlich zum Handspiegel, der es einem ermöglicht, bei Sonnenschein über weite Entfernungen Lichtsignale zu senden.

Wir sollten Sie mit Astronomie finden

Wenn wir wissen, dass unsere Zivilisation ein wahrscheinliches Ereignis ist und die Abwesenheit von anderen Zivilisationen auf eine große, noch unbekannte Gefahr hinweist, dann sollte man die Suche nach den Außerirdischen sehr viel intensiver und kreativer betreiben. 

Die Astronomie ist dabei der Schlüssel, denn die Astronomie hat zwei wertvolle Elemente. Zum einen kennt sie den Normalzustand im Universum, welche physikalischen Vorgänge führen zur Abstrahlung unterschiedlichster natürlicher Signale. Denn nur wenn man ein genaues Verständnis der natürlichen Signale hat, hat man eine Chance ungewöhnliche Signale, welcher Art auch immer, zu erkennen.

Zum Zweiten besitzt die Astronomie die besten Geräte zur Beobachtung des Himmels. Das Problem ist allerdings, dass diese Geräte nicht sehr zahlreich sind, daher kann jeweils nur ein winziger Ausschnitt des Himmels kurz beobachtet werden. Es müsste schon ein sehr großer Zufall sein, dass man genau dann an die richtige Stelle sieht, wenn ET zu uns sendet.
Eigene Analyse der Lichtkurve von KIC 8262852


Bemerkenswert ist dabei ein Resultat der Kepler Mission, ein Satellit, der über vier Jahre einen Himmelsausschnitt mit 105 Quadratgrad (Etwa der fünfhundertste Teil des Himmelsgewölbes) genau beobachtet hat. Über 150.000 Sterne wurden kontinuierlich in der Helligkeit verfolgt, um Planetendurchgänge zu erkennen. Tatsächlich hat man ca. 3000 Planeten inzwischen gefunden, eine bemerkenswert hohe Zahl, wenn man bedenkt, dass nur Planeten, die zufällig auf der Sichtlinie zwischen Stern und Erde lagen beobachtet wurden.

Ein Stern hatte eine derart starke Helligkeitsänderung, dass der Computer das Signal als "Störung" zunächst nicht weitergegeben hat. Erst die visuelle Betrachtung der Daten durch eine Gruppe freiwilliger Helfer hat den merkwürdigen Verlauf der Helligkeit von KIC 8262852 bemerkt und analysiert. Das Resultat ist höchst bemerkenswert, meiner Ansicht nach ein starkes Indiz für eine Super-Zivilisation

Würde man den Astronomen mehr Ressourcen für die kontinuierliche Beobachtung des ganzen Himmels zur Verfügung stellen und zudem mehr auf merkwürdige Beobachtungen achten, könnte man wesentlich leichter unbekannte Zivilisationen auffinden. Heute sieht die Situation derartig schlecht aus, dass für die weitere Beobachtung von KIC 8262852 zwar lediglich 100.000€ erforderlich sind, diese aber privat gesammelt werden mussten!

Zukunft bleibt unsicher

Auch wenn es gelingt, eine Super-Zivilisation zu entdecken, wissen wir nicht, ob die ursprüngliche Kultur, die die Super-Zivilisation hervorgebracht hat noch existiert. Man kann ohne große Phantasie sicher sein, dass eine Super-Zivilisation, die ein Sonnensystem besiedelt eher aus Robotern und superintelligenten Computern besteht als aus biologischen Systemen, die von Wasser, Sauerstoff und vielem Anderem empfindlich abhängig sind.

Nick Bostrom spekuliert in seinem Buch Superintelligenz damit, dass die Entwicklung von starker künstlicher Intelligenz, also Software, die vergleichbare Leistungen wie ein Mensch liefert, in sehr kurzer Zeit durch die Nutzung der globalen Rechnerkapazität zu einer Superintelligenz werden könnte. Diese würde möglicherweise den Menschen nicht achten und aus irgendeinem Grund die Menschheit vernichten. Das Problem ist, dass wir nicht wissen können, was ein System, das weitaus klüger ist, als wir planten, denkt, umsetzt. Damit haben wir nach Auftreten des Systems keine Entscheidungsfreiheit über den Fortgang, sondern nur vorher. Noch leben wir vor dem Auftreten der Superintelligenz.

Literatur

Dieser Beitrag basiert zum Teil auf dem Blogbeitrag The Fermi Paradox von Tim Urban,
auf dem Buch Superintelligence: Paths, Dangers, Strategies von Nick Bostrom sowie
aktuellen Informationen zur Analyse von KIC 8262852, diese findet man bei der Website https://www.reddit.com/r/KIC8462852/ 
Die "offizielle" Website zum Stern gibt es hier: http://www.wherestheflux.com/

Dienstag, Juli 19, 2016

Statistik von Klausuraufgaben

Wie baut man eine optimale Prüfung?

Als Professor an der Hochschule hat man die spannende Aufgabe Klausuren zu erstellen und dann auch noch zu korrigieren. Entgegen der Meinung mancher Studenten ist das kein Versuch "auszusortieren" sondern mit einer möglichst fairen Prüfung gerecht Leistung zu bewerten.

Wie schaut die optimale Prüfungsfrage aus?

Eine gute Prüfungsfrage erkennt man meiner Ansicht daran, dass die Antworten von den guten Studenten richtig gegeben werden und dass schwache Studenten damit Schwierigkeiten haben.
Selbstverständlich müssen die Fragen auch inhaltlich sinnvoll sein.
Die Qualität bezüglich der Trennschärfe einer Frage kann man dadurch messen, dass man die erreichten Punkte bei einer bestimmten Aufgabe mit der gesamten Punktzahl vergleicht, die ein Student bei anderen Fragen erreicht. 
Ein guter Student, der viele Punkte sammelt, sollte also auch in einer einzelnen Aufgabe überdurchschnittlich abschneiden. Genau das kann man mathematisch mit einer Korrelationsanalyse messen.
Ich habe das mal für eine meiner letzten Klausuren durchgeführt und dabei gesehen, dass zumindest alle Aufgaben eine positive Korrelation zum Gesamtresultat hatten. 
Die beste Aufgabe erreichte eine Korrelation von 0,7!

Ich darf diese Frage aus der "Einführung in die Wirtschaftsinformatik" hier wiedergeben:
"Welche wesentlichen Aufgaben übernimmt eine Grafikkarte?"

Die geringste, oder besser gesagt keine Korrelation hatte die Frage:
"Wie viele verschiedene Ziffern hat eine Schreibmaschinentastatur?"
(Obwohl die Antwort "10" einfach ist, waren weit weniger als die Hälfte in der Lage die Frage zu beantworten)

Betrachtet man die Prüfungsergebnisse in der Gesamtschau als Grafik erhält man nach dem Sortieren der Aufgaben nach richtigen Ergebnis und Studenten nach Leistung eine interessante Visualisierung der Klausur:

Klausurergebnisse: Nach Rechts verschiedene Studenten, nach Oben verschiedene Aufgaben,
Wert gibt die Qualität der Lösung an. 
Im Idealfall würde es einen linearen Anstieg von links Oben nach rechts Unten geben, aber die Menschen sind natürlich nicht einfach linear einzusortieren. Letztendlich freue ich mich aber, dass es eine doch bemerkenswert homogene Struktur gibt. 

Daraus folgere ich: Es gab genügend leichte und schwere Aufgaben, jeder hatte eine Chance, obwohl ich leider feststellen muss, dass nicht jeder Student seine Chance nutzt und leider ein Drittel das gewünschte Leistungsniveau nicht erreicht hat.

Hinweis zur Berechnung:

Alle Punkte für jede Aufgabe wurden in Excel eingetragen und durch die jeweils mögliche erreichbare Punktezahl dividiert..
Für jeden Teilnehmer wurde die Summe der Punkte errechnet und mit der Funktion: =KORREL(v1,v2) die Korrelation der Aufgaben mit der Gesamtleistung bestimmt.
Zur Visualisierung der Ergebnisse wurde die Funktion "Bedingte Formatierung/Farbskalen" verwendet. Danach wurden die Zeilen und Spalten aufsteigend sortiert.
Ich würde mich freuen, wenn Kollegen mit mir vergleichbare Resultate (anonym!) austauschen.

Sonntag, Juni 12, 2016

Glück gehabt!

Warum große Risiken bisher selten waren


Wir leben in einer Welt, in der man mit ein wenig Chemiewissen und einen Besuch im Baumarkt eine Bombe bauen kann, die mehreren Menschen das Leben nimmt. Leider leben wir in einer Gesellschaft die Menschen hervorbringt die derartige Verbrechen auch begehen.

So schlimm diese Verbrechen sind, so wenig können Sie aber die Existenz der Menschheit ernsthaft gefährden. Dass auch eine andere Welt denkbar werde will ich hier beschreiben.



Nick Bostrom beschreibt in diesem Video Risiken für die Menschheit, 
der Vortrag hat mich zu diesem Blogbeitrag angeregt.

Der Preis einer Atombombe

Mit viel Geld kann man vermutlich einen Killer engagieren, aber der Kauf einer Atombombe erscheint nicht so einfach zu sein. Offensichtlich hat noch keine Privatpersonen eine Atomwaffe erworben und eingesetzt. Dass dies so ist, liegt daran, dass der Bau einer derartigen Waffe enorme Ressourcen erfordert und sehr auffällig ist.

Die Struktur der Gefahr


In der Natur finden extrem zerstörerische Prozesse statt. Das Feuer in unserer Sonne ist Millionen Grad heiß, kein Atom kann dort seine Hülle behalten, geschweige denn ein komplexes Molekül oder gar Leben kann dort existieren. In Galaxien gibt es Schwarze Löcher mit derart gewaltiger Energiefreisetzung, dass man sie noch in vielen Milliarden Lichtjahren Entfernung beobachten kann. Auch die Energie eines Gammabursts [1] überschreitet jegliche menschliche Vorstellung.

Es ist kein Zufall, dass wir noch nie eines dieser Ereignisse von der Nähe gesehen haben, sonst würde nämlich niemand diesen Blog schreiben oder lesen.

Vor Energiefreisetzungen im astronomischen Maßstab sind wir insofern sicher, dass zumindest bisher kein derartiges Ereignis das Leben auf der Erde in den letzten 3,8 Mrd. Jahren ausgelöscht hat, wenngleich einige Ereignisse, insbesondere der Einschlag von Kometen und Meteoriten jeweils umfangreich Arten ausgelöscht hat.

Mit Intelligenz neue Gefahren hervorrufen


Seit der Werkzeugnutzung des Menschen ist eine neue Qualität der Fähigkeiten dazugekommen, die zu einer systematischen Entwicklung von zerstörerisch wirkenden Fähigkeiten geführt hat.

Bei der Entfesselung des Feuers zur Brandrodung hätte theoretisch die Sache sehr schlecht ausgehen können. Man stelle sich eine etwas sauerstoffreichere Atmosphäre und eine etwas weniger feuchte Vegetation vor. Aus dem Versuch einer kleinen Brandrodung hätte ein globales Feuer werden können, das praktisch die gesamte zusammenhängende Landoberfläche zerstört hätte. Warum ist das nicht geschehen?

Nicht weil von Anfang an alle Feuerschutzmaßnahmen peinlich genau eingehalten wurden sondern weil wir auf einem Planeten mit natürlichen Feuerquellen leben. Blitze und Vulkan können seit Anbeginn an Feuer legen. Eine Vegetation, die damit nicht umgehen kann würde nicht existieren und daher ist unsere Umgebung in gewisser Weise „Kindersicher“, sie kann durch einfache Fehler nicht zerstört werden. 
Natürliche Entzündung eines Feuers in Lanzarote an einem Vulkangestein

Die Herstellung von „natürlichem“ Sprengstoff kann nicht erfolgen, da Substanzen, die zu einer heftige Reaktion neigen aus thermodynamischen Gründen nicht entstehen. Der Mensch hat das aber durch das Mischen von chemischen Substanzen überwunden, indem er einzelne Substanzen mit anderen Substanzen vermischt hat, die zusammen sehr wohl extrem schnell viel Energie freisetzen. Das berühmte Schwarzpulver wurde noch zufällig entdeckt und in China dann friedlich zum Bau von Feuerwerksraketen verwendet.

Im 19. Jahrhundert war dann die Chemie so weit entwickelt, dass gezielt explosive Substanzen entwickelt werden konnten, insbesondere der Dynamit, von Alfred Nobel erfunden, war ein Segen, aber auch ein Desaster in der weiteren Weltgeschichte.

Doch die Energie in einer chemischen Reaktion ist begrenzt, zunächst muss man etwa die gleiche Energiemenge in einer Chemiefabrik der Substanz zuführen um sie dann später innerhalb extrem kurzer Zeit freizusetzen. Der Aufwand der Energiegewinnung ist so groß, dass keine chemischen Sprengstoffe in Mengen existieren, die global Schaden anrichten können [2].

Eine neue Kategorie: Kernwaffen


Die Kernenergie kann pro Masse etwa eine Million Mal mehr Energie freisetzen als eine chemische Reaktion. Zudem liegen auf der Erde Elemente, namentlich Uran 235, die energetisch instabil sind vor. Das bedeutet, man muss nicht erst die Energie gewinnen, mit der dann eine Atombombe funktioniert sondern nutzt die potentielle Energie die im Kern vor seiner Spaltung liegt aus. 
Modell der ersten Atombombe, erklärt in Los Alamos von einem Veteranen

In der Natur kommen keine Kernwaffen vor, allerdings gibt es natürliche Atomreaktoren, die über Jahrtausende Energie freigesetzt haben. Ein Beispiel sind die 14 natürlichen Kernreaktoren bei Oklo in Gabun, die vor 2 Milliarden Jahren über 500.000 Jahre lang gearbeitet haben und dabei bis zu 100kW geleistet haben. (https://www.wikiwand.com/de/Naturreaktor_Oklo)

Der Bau einer Kernwaffe erfordert also ein sehr unnatürliches Auftreten von geeigneten Isotopen, das aktuell nirgends natürlich vorliegt. Würde es vorliegen, wäre es an derartigen Orten auch schon zu einer Kernexplosion gekommen, was nie der Fall war. Mit dem Bau der Atombombe hat man also „Neuland“ betreten, ähnlich zur Entdeckung des Feuers. Es bestand also die Gefahr, dass die Zündung einer Kernwaffe, insbesondere einer Wasserstoffbombe, mehr als nur die Energie des Kernwaffenmaterials freisetzt. Davor hatte Enrico Fermi bereits 1942 gewarnt, http://www.atomicheritage.org/history/hydrogen-bomb-1950

Genaue Rechnungen zeigen dann zwar, dass dies unwahrscheinlich ist, aber es ist eine ähnliche Situation wie in jenen Tagen, als die Menschheit begann mit dem Feuer zu experimentieren. Es kann sehr wohl sein, dass mehr Energie freigesetzt wird, wie die Energie die in dem Holzstapel enthalten ist, den man für das Feuer gesammelt hat. Ein (begrenzter) Waldbrand ist sehr wohl möglich.

An dieser Stelle ist unklar, inwiefern die USA oder später die UDSSR den Test von Wasserstoffbomben unterlassen hätten, wenn das Risiko einer globalen Kettenreaktion nicht ausgeschlossen werden hätte können. An dieser Stelle hat die Menschheit vermutlich nur Glück gehabt.

Technisch ist der Bau einer Atombombe zum Glück derartig komplex, dass man zumindest ein Staat von der Größe und Wirtschaftskraft Nordkoreas sein muss um alle Komponenten zusammenzustellen. Der kritische Pfad besteht im Anreichern von U235. Wäre die Menschheit schon vor drei Milliarden Jahren auf dem Planeten gewesen, zu einer Zeit als es noch reichlich U235 gab (etwa 5% statt der heutigen 0,7% im Uranerz) wäre der Bau einer Atombombe wesentlich einfacher gewesen. Eine Zivilisation hätte sich dann immer wieder zerstört, wenn einfache „Terroristen“ wieder ausreichend Atombomben eingesetzt hätten. Dies ist natürlich hochspekulativ, solle aber zum Nachdenken anregen.

Wir hatten also bisher Glück, weil:

  • Chemische Reaktionen begrenzt Energie freisetzten
  • Nukleare Reaktionen energetisch sehr schwer zu zünden sind
  • Nukleare Reaktionen zufällig keine globale Kettenreaktion auslösen können

Zukünftige Gefahren


Die Tatsache, dass es bisher immer noch gut gegangen ist, wie der Kölner sagt, bedeutet nicht, dass dies ein Naturgesetz ist. Mit jeder weiteren Fähigkeit die die menschliche Zivilisation erlangt, kann sie Grenzen überwinden, die natürlich noch nie überwunden wurden.

Einige Aktuelle Entwicklungen will ich dazu kurz ansprechen:

Supervirus


In den Genlabors könnte ein Virus entwickelt werden, der alle Menschen ansteckt und damit in kurzer Zeit die gesamte Menschheit dahinrafft. Ich halte einen derartigen Virus für sehr unwahrscheinlich, da auch die bisherigen Viren, die seit Jahrmilliarden durch die Evolution optimiert wurden, keine globale Vernichtung ermöglichten. Das liegt an den unterschiedlichen Menschen, die aufgrund des sehr trickreichen Immunsystems nie alle erkranken. Wenngleich manche Erreger, man denke nur an die Pest, unendliches Leid mitbrachten.

Auch die Tatsache, dass es uns nicht gelungen ist, das „endgültige“ Mittel gegen Bakterien zu entwickeln, lässt mich an die Vitalität der Natur glauben.

Superbeschleuniger


Mit dem Einschalten des Large Hadron Colliders (LHC) am CERN in Genf wurden Befürchtungen geäußert, ein Schwarzes Loch könnte in dieser Anlage entstehen und dann alles in sich verschlingen. Die Sorge ist unbegründet, wenn man weiß, dass in der Kosmischen Strahlung Partikel mit bis zu 10E21eV Energie auftreten, das ist das Milliardenfache der Energie als im LHC, dort werden maximal 7E12eV erreicht, können.

Da aber noch nie in unserer Umgebung die Entstehung eines Schwarzen Lochs oder eines anderen obskuren vernichtenden Teilchens beobachtet wurde, konnte man sicher sein, dass es zu keiner gefährlichen Nebenwirkung bei der Erforschung der Natur mit diesem Experiment kommt.


Superintelligenz


Mit der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) tut sich ein weiteres Feld auf, mit dem sehr wohl auch katastrophale Risiken verbunden sein könnten. Nick Bostrom hat in seinem Buch „Superintelligenz“ ein Szenarium entwickelt, das sehr ungünstig für die Menschheit ausgehen könnt. Die Grundidee ist dabei folgende: In einem Labor wird eine Software entwickelt, die echte Intelligenz wie ein Mensch hat. Diese Software versucht dann durch selbsständiges Lernen, ein Vorgang den man bei KI Systemen immer nutzt, sich zu verbessern. Im nächsten Schritt bricht die Software aus dem System aus und übernimmt andere Computer die im Internet angeschlossen sind. Bekanntlich sind das inzwischen Milliarden von Rechnern. Da Intelligenz wesentlich durch die Rechenkapazität begrenzt ist, könnte das System in kurzer Zeit, und hier sind Stunden gemeint(!), die Rechnerwelt unbemerkt, wie ein Computervirus, besiedeln.

In dieser Phase, wenn das System einen IQ hat der vielleicht tausend Mal größer ist als der eines Genies, könnte das System durch geschickte Manipulation von Fabriken (Industrie 4.0!) die „Störquelle“ Mensch ausschalten.

Wir wissen weder, ob es das Phänomen Superintelligenz gibt, aber die Fähigkeiten einer Suchmaschine wie Google hätte man vor 30 Jahren auch für unmöglich erachtet, noch wissen wir irgendetwas über die Wünsche und Pläne einer Superintelligenz die sich selbst optimiert.

Ob wir auch in diesem Fall wieder Glück haben ist schwer einzuschätzen. Laut Nick Bostrom liegen die Chancen bei 50:50.

Ein Naturgesetz das uns vor unseren Fähigkeiten schützt gibt es jedenfalls nicht.

Zum Thema


Anmerkungen

[1] Gammaburst ist ein noch nicht ganz verstandener Energieausbruch, dabei kann in weniger als einer Sekunde mehr Energie freigesetzt werden, als die Sonne in 100.000 Jahren freisetzt. Quelle: https://www.wikiwand.com/de/Gammablitz


[2] Ich will hier in keiner Weise einen konventionellen Krieg verniedlichen, aber wir müssen festhalten, dass konventionelle Kriege die Menschheit nicht ausgelöscht haben und das auch nicht können.

Sonntag, Mai 15, 2016

China, wenn Menschen arbeiten

Eindrücke von meiner Chinareise

Vorab, ich war nur geschäftlich für wenige Tage in China und will mir daher in keiner weise anmaßen, "Bescheid" zu wissen. Doch meine subjektiven Eindrücke will ich zusammen mit meinem objektiven Wissen über dieses Land hier kurz schildern.

Anflug

Von meinem bequemen Fensterplatz auf der linken Seite des A380, in der Economy Plus Klasse bei Lufthansa, hatte ich einen schönen Blick auf das Land mit Sonne im Rücken. 
Die ersten Bilder zeigen riesige Kraftwerke, die Kohle verbrennen und dabei das Land in einen weißen Nebel, eine euphemistische Umschreibung des Smogs, tauchen.
Quelle von Strom, Wohlstand und Smog: Kohlekraftwerke
Kraftwerke für eine stabile Stromversorgung sind ein Schlüsselelement für eine Volkswirtschaft. Der aktuelle Energiemix ist aber völlig ungeeignet, dauerhaft ein Reich zu versorgen. Aber "wo die Gefahr ist, da wächst das Rettende" (nach Hölderlin) und so sieht man aus dem Flugzeugfenster auch schon den Wandel, Windparks und Solarparks (letztere habe ich auf meiner Flugroute nicht gesehen).
Windpark, westlich von Peking
Die aktuellen Zahlen über die chinesische Stromversorgung besagen auch, dass 2015 mehr Wind- und Solarkraftwerke gebaut wurden, als Kohlekraftwerke.

Infrastruktur

Bei der Annäherung an die Hauptstadt Peking, mein Reiseziel, sieht man die gigantische Infrastruktur des Landes. Autobahnen, vor meinem Hotelzimmer war es eine mit 10 Spuren, Schnellbahntrassen und Wohnhochhäuser, soweit das Auge reicht. 
Wie ich der Literatur [1] entnehme, hat China in den letzten drei Jahren mehr Beton verbaut, als die USA im 20. Jahrhundert. Obwohl eine derartige Zahl wirklich schwer zu glauben ist, zumindest die gesehenen Baustrukturen stärken den Glauben an dieses Faktum.
Autobahnen, Eisenbahnen, Wohnhäuser, in wenigen Jahren entstanden
Bei all dem Beton wollen Menschen natürlich Grün sehen und mit Liebe werden die Parks und selbst kleine Grünflächen gepflegt. Gefühlt ist Peking eine sehr grüne Stadt, außerordentlich viele Bäume und gefühlt bin ich immer im Schatten von Straßenbäumen gelaufen. 
Angeblich pflanzt jeder Chinese einmal im Jahr, am Tag des Baumes, einen Baum. Offensichtlich hat das einen nachhaltigen Effekt. 
Chinesische Gartenkunst, gesehen von meinem Frühstücksplatz im Hotel

Der Smog

Eines der größten Probleme des Landes dürfte der Smog sein. Mitten im Mai, also bei warmem Wetter was nicht nach Heizung verlangt, aber auch die ungezählten Klimaanlagen noch nicht auf Hochtouren bringt, gab es eine für mich noch nie erlebte schlechte Luftqualität. 
Obwohl ich zum Glück nicht am Asthma leide, begann ein trockener Husten. Und ein Blick auf die Messwerte zeigen das Desaster: Ein PM 2,5 Wert [A1], das ist die Feinstaubkonzentration im Bereich "Hochgefährlich" auch gesunde Personen sollen Innenräume nicht verlassen. 
Rot bedeutet Luftqualität "Ungesund", Violett sehr ungesund und Braun, wie am Dienstag erlebt, gefährlich. [2]

Die Skala für Luftqualität. In Deutschland ist sie meist "good", nur an wenigen Plätzen und Tagen "Moderate" [3]
Und wie erkennt man den Smog, wenn man aus dem Fenster schaut, kein Problem, das sieht man sofort, hier ein Bild am Dienstag bei Smog (PM 2,5: 300+) und am nächsten Morgen, nachdem ein kräftiges Gewitter die Luft vorübergehend gereinigt hat (PM 2,5: 0-50). Diese Bilder wurden bewusst nicht bearbeitet.
Smog bei ~ PM 2,5 bei 250
Saubere Luft nach einem Gewitter ~ PM 2,5 bei 20
Meine chinesische Bekannte hatte natürlich eine App auf dem Handy, auf der sie sofort den aktuellen Wert und die Entwicklung der Luftqualität ablesen konnte. 
Eine Lösung ist natürlich nicht durch Messen und bunte Apps zu erwarten, sondern durch einschneidende Änderungen in der Energieversorgung. Wenn die Gesundheit der Nichtraucher derart gefährdet ist, angeblich entspricht das Atmen in diesen Regionen dem Rauchen von einer Schachtel Zigaretten am Tag, dann werden die Menschen das nicht dauerhaft akzeptieren. 

Wohlstand und Armut

Peking gehört zu den reichsten Provinzen Chinas mit einem durchschnittlichen Einkommen von 10.000$ im Jahr. Im Straßenbild schlägt sich das in einem Fuhrpark nieder, der mit US Städten durchaus konkurrieren kann.
Man beachte den roten Tesla S auf dem Bild
Elektroautos, selbst so teure wie der Tesla S, kann man sehen, schon wenige Minuten nachdem ich im Taxi vom Flughafen zum Hotel war, hat uns ein Tesla S überholt. Sicherlich, Flughafen und Hotels haben eine höhere "Autopreisverteilung" als andere Regionen. 
Läuft man durch die Wohnstraßen ist man aber überrascht, dass es nicht den Lärm von Mopeds gibt, alle fahren elektrische Zweiräder (keine Pedelecs) auf denen zwei Personen Platz finden können. 
Der lokale Gütertransport erfolgt zu einem guten Teil mit elektrisch angetriebenen Kleintransportern.
Lichtblick, elektrischer Kleintransporter im Kreisverkehr
Wie gut es den "normalen" Menschen geht, kann ich nicht beurteilen, allerdings ist offensichtlich, dass der Wohlstand in weiten Kreisen der Bevölkerung ankommt. Es gibt eben nicht nur Hotel und Bankhochhäuser, fast alle Hochhäuser sind Wohnbauten. 
Der große Unterschied zu den Ölstaaten, die ich in letzter Zeit auch besucht habe, ist, dass die Menschen sich selbst den Wohlstand erarbeitet haben. Nicht der Verkauf zufällig im Boden lagernder Rohstoffe ist die Währung, mit der auf dem Weltmarkt bezahlt wird, sondern eigene Arbeit bei der Herstellung von High Tech Produkten.

Technologie und Forschung

Der Grund meines Besuchs in China war ein eingeladener Konferenzbeitrag über den Lageenergiespeicher auf der "Energy Storage China 2016"[4]. Auf der Konferenz wurden im wesentlichen chinesische Forschungsergebnisse präsentiert. Völlig ungewohnt war dabei für mich, dass diese Resultate zumeist in chinesischer Sprache präsentiert wurden. Es gab zwar teilweise eine Simultan-Übersetzung in das Englische, aber das ist bei rein in Mandarin geschriebenen Folien auch nicht immer ausreichend.
Energy Storage China 2016 in Peking

Inhaltlich wurden hochkarätige Ergebnisse präsentiert. So habe ich hier das erste Mal Systeme gesehen, die den triboelektrischen Effekt nutzen [A2]. 
Die Entwicklung der Batterien, auch anderer Systeme als die beliebten Li-Ionen-Akkus, wurden vorgestellt und diskutiert. Auch wenn ich nur einen winzigen Ausschnitt der Forschung gesehen habe, so hatte ich einen deutlich besseren Eindruck von der Qualität als etwa in Moskau, wo ich eher rückwärtsgewandte Forschung sah. 

Empathische Menschen

Zu den Menschen hatte ich, gefühlt, immer gleich einen guten Draht. Es ist eine offene Art, und auch eine Freundlichkeit, die ich in Deutschland und vielen anderen Ländern nicht so erlebt habe.
An mehreren Stellen, eher Kleinigkeiten, war ich überrascht, wie mein Gegenüber fast hellseherisch meine Wünsche bemerkte und freundlich geholfen hat. 
Allerdings ist die Sprachbarriere auch hier ein sehr großes Problem, kein Taxifahrer, Straßenhändler, Hotelangestellter (Außer Leiter der Rezeption) spricht auch nur ein Wort englisch. 
Obwohl wir hier im Westen die Sprache Englisch als gesetzt sehen, sollte man doch ernsthaft nachdenken, Mandarin an den Schulen als zweite Fremdsprache eher zu lehren als Latein oder Griechisch.
Echtes Chinesisches Essen 
Auffällig fand ich auch die legere Arbeitskleidung, wie man sie eher von der Westküste der USA kennt. Bei einem Geschäftsessen mit hochrangigen Mitarbeitern einer Firma war ich mit Anzug und Krawatte leicht "overdressed". Ich hatte mich am Auftreten von Japanern in Europa orientiert, die ich bisher sehr korrekt bekleidet erlebte.
Das Essen schmeckte mir, wenn es auch eine Nuance weniger scharf sein hätte können. Die servierten Mengen waren weit jenseits der Möglichkeiten meines Verdauungssystems. Trotz des leckeren Essens sieht man wenig übergewichtige Menschen. Ob das an der Zusammensetzung des Essens oder an der ausgeglichenen Lebensweise liegt, kann ich leider nicht beurteilen.

Einschränkungen

Auf meiner Reise war die Blockade wesentlicher Internetdienste, insbesondere Google und alle angeschlossenen Dienste wie Google Mail, Google maps sowie facebook deutlich spürbar. Im Alltag verwende ich diese Dienste auf allen Geräten und habe bemerkt, wie schwierig es ist, etwa ohne Navigation auf dem Handy in einer Millionenstadt in der keiner meine Sprache spricht und ich keine Schilder lesen kann, etwas zu finden (ich habe z.B. keine U-Bahnstation gefunden). 
Mir ist an dieser Stelle unerklärlich warum der "Great FireWall" existiert. Insbesondere, wenn man bemerkt, dass der gleiche Service von Microsoft (zumindest bing.com und skype) gut erreichbar ist.
Bemerkenswert ist die chinesische Suchmaschine baidu.cn, die bei erstaunlich vielen Begriffen pornographische Links aus dem Westen anbietet. 
Weiterhin ist es für Kontakte schlecht, wenn man immer noch 2,99€/Minute für ein Gespräch mit dem Mobiltelefon bezahlen muss. Warum hier die Provider keine kundenfreundliche Lösung anbieten kann ich nicht verstehen. Insbesondere, da ein perfektes Mobilfunknetz existiert und, wie angemerkt, skype kostenlos funktioniert. 

Zukunft

Die wichtigste Ressource eines Landes, kluge, gebildete, kooperative und fleißige Menschen, ist in China praktisch unbegrenzt vorhanden. Dies wird es dem Land, trotz mancher Einschränkungen, in den nächsten Jahren erlauben, eine der erfolgreichsten Nationen zu werden. 
Auf jeden Fall werde ich wieder nach China reisen, nicht nur der Geschäfte wegen, sondern auch weil hier Innovationen zu erwarten sind, die man hier nicht erfunden hat. 

Quellen:

[A1] PM bedeutet Partikel Measure, und 2,5 sind Partikel die in einem Filter mit 2,5um aufgefangen werden. Eine besonders tückische Feinstaubsorte, die tief in die Lunge eindringt, die in Deutschland erstaunlicherweise kaum gemessen wird (Grund: Dieselgate?). In Deutschland findet man häufig den PM 10 Wert, das sind größere Partikel die im 10um Filter hängen bleiben.
[A2] Die Reibungselektrizität (triboelectric effect) ist zwar jedem vom Haarkämmen und Gewitterblitzen bekannt, aber wer nutzt diesen Effekt für die Stromerzeugung? Bei optimalen Materalien kann man damit offensichtlich mit hohem Wirkungsgrad Strom gewinnen. Mehr dazu unter Wikipedia.

[1] Vaclav Smil, Making the Modern World: Materials and Dematerialization, Wiley (2013)
[2] Weltweite Daten zur Luftqualität bei World Air Quality Index (Peking)
[3] Skala für die Beurteilung der Luftqualität ebenfalls beim World Air Quality Index (Link nach Stuttgart;-)