Syss Eröffnungsrede, gehalten am 21.7.2017
Sehr geehrter
Bürgermeister Boris Palmer,
Sehr geehrtes
Mitglied des Bundestags Dr. Martin Rosemann,
Liebe Mitarbeiter und
Gäste, lieber Sebastian, liebe Familie Schreiber,
Es freut mich riesig,
dass Deine Firma so aufblüht und Du so schnell die neue Firmenzentrale in
Tübingen fertigstellen konntest!
Seit den ersten Tagen
Deiner Sicherheitsfirma verfolge ich das erstaunliche Wachstum, und ich muss
zugeben, ich hätte nicht gedacht, dass man mit Fragen der digitalen Sicherheit
so lange so viele Aufgaben und Auftraggeber findet.
Boris Palmer, Oberbürgermeister in Tübingen, Sebastian Schreiber mit Krawatte |
Aber warum kann die Aufgabe
der Sicherheitsprüfung von Firmennetzen von Dir in Tübingen so erfolgreich
umgesetzt werden? Lass mich dazu etwas philosophieren.
Am Anfang war das
„Wort“ oder in Griechisch „Logos“
Doch Worte können
trügen und Worte werden nicht immer richtig weitergegeben, daher erfanden die
Menschen die Schrift, um die Worte aufzuschreiben und sicher festzuhalten. Schreiben
ist von fundamentaler Bedeutung für die Entwicklung einer Hochkultur. Ohne Schrift
und Schreiber gibt es weder eine sichere Historie noch den Austausch von Wissen
über große Distanzen.
Die Worte wurden
niedergeschrieben und damit festgehalten, doch war der Inhalt der Nachricht
auch wahr, oder gab es viele „fake news“?
Eine schwierige
Frage, die bereits früh die Menschen umtrieb und interessante Strukturen, wie
Religionen mit unfehlbarer Geschäftsleitung, hervorbrachte.
Um zu erkennen was
wahr ist, und um das richtige Wissen weiterzugeben gründeten in der Renaissance
die Herrscher Universitäten. Und Tübingen ist seit 1477 ebenfalls Ort der
Wissenskontrolle, denn damals hat Graf Eberhard im Bart unsere Universität
gegründet.
Eine Universität ist
die Institution, die Wahrheit und Fälschung professionell unterscheiden soll.
Anzumerken ist hier,
dass man schon damals in Tübingen schnell gebaut hat, so wurde die
Universitätsgründung am 11. März 1477 öffentlich bekannt gegeben, im Sommer hat
man fix zwei Fachwerkgebäude in der Münzgasse errichtet und bereits im Oktober
1477 konnten die Studenten dort Vorlesungen besuchen.
Zuerst hatten die
theologischen Fakultäten mit der Epistemologie viel Arbeit, denn die Worte der
Bibel sind widersprüchlich. Mit der Aufklärung wuchs die Bedeutung der
Naturwissenschaften, die in die Geheimnisse der Natur eindringt (heute sagen
wir „penetrate“) und Fehler (heute sagen wir „exploit“) in den Schriften
aufdeckt. Die Physik analysiert Experimente und baut Wissen mathematisch
strukturiert auf. Das neue Wissen wurde schriftlich fixiert, doch fehlte es an
technischen Möglichkeiten der Weiterverarbeitung.
An dieser Stelle
entwickelt sich die Thematik der Informatik. Das Wilhelm Schickard Institut,
benannt nach dem Tübinger Theologen Wilhelm Schickard, dem Erfinder der
Rechenmaschine im Jahre 1620, wurde, zunächst gemeinsam von der Fakultät für
Physik und der Fakultät für Mathematik, 1986 in Tübingen gegründet.
Sie ist die Fakultät,
an der Sebastian Schreiber sein Diplom in Informatik verliehen bekam.
Wenn man die
Informationen digital speichert und überträgt, dann ist es anders als mit der
schriftlich fixierten Information. Änderungen sind unsichtbar, es gibt nicht
die Tinte des Schreibers, die einmal zu Papier gebracht, ein Dokument, eine Urkunde
erstellt, die Veränderungen nur widerwillig zulässt und aufgrund der
mikroskopischen Vorgänge dem Experten die Manipulation immer verrät.
Nein, in der
Informatik gibt es nur gesichtslose Bits, die nichts über ihren Schreiber
verraten und technisch manipuliert werden können. Diese Bits sind gerade für
schnelle Manipulation optimiert, sie werden wegen ihres binären Charakters von
den Informatikern so geliebt.
Der schmale Grat
zwischen gewünschter technischer Manipulation und unerwünschter Verfälschung
der Information ist oft im Nebel extrem komplexer Systeme verborgen. Das
Internet hat einen Datenumsatz, der, wenn vollständig auf Papier geschrieben,
die Erde jeden Monat vollständig neu einhüllen würde.
Die Unterschiede in
diesem Dschungel der Daten zu erkennen und einzuschätzen erfordert genaues
Wissen auf diesem Terrain. Ein neues Gebiet der Wahrheitsforschung entsteht.
Nicht die Fakultäten
der Theologen, Physiker oder Mathematiker haben die originäre Aufgabe, dieses
Problem zu lösen, aber sie haben zusammen die Fähigkeiten entwickelt und an
ihre Studenten weitergegeben um die Aufgabe zu bewältigen.
Sebastian Schreiber
ist es gelungen, die besten Köpfe aus diesen Fakultäten, und von vielen anderen
Fakultäten, zu gewinnen und zu dirigieren um dieser komplexen Aufgabe Herr zu
werden.
Verortet in diesem
gewaltigen Gebäude, das keine neue Fakultät sondern eine der erfolgreichsten
Firmen hier, die SYSS in Tübingen, beheimatet.
Im Lutherjahr komme
ich jetzt auf die Frage, was soll man zur Eröffnung des Gebäudes schenken? Auch
wenn die Legende nicht sicher überliefert ist, dass Luther ein Tintenfass nach
dem Teufel geworfen hat, ein Tintenfass für einen Schreiber, der diese als
Waffe gegen die Unwahrheit verwendet, kann nicht falsch sein. Möge Dir die
Tinte auch im Digitalzeitalter helfen.
Ich wünsche Dir,
Sebastian, bei der Suche nach den verborgenen Fälschungen und beim Aufdecken
gefährlicher Manipulationen viel Erfolg, auch wenn ich immer noch die Hoffnung
habe, die Menschheit könnte ehrlich werden und Deine Arbeit nicht weiter benötigen.
(Prof. Dr. Eduard
Heindl)
1 Kommentar:
Schon der 1. Fälschung der Geschichte aufgesessen:
Am Anfang war nicht das Wort sondern der Gedanke oder auch Geist.
Hubert Heindl
www.heil.tips
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