Montag, September 30, 2013

Warum Stromkonzerne keine Solarzellen bauen

Stromkonzerne liefern Strom

Wir kennen den Spruch: "Die Sonne schickt keine Rechnung"
Das müsste eigentlich in den Ohren der Stromkonzerne eine Alarmmeldung sein. Stromkonzerne liefern gegen Geld Strom. Bisher haben sie das dadurch erreicht, dass sie Kohle oder Kernenergie in großen Kraftwerken mit komplexer Technik eingesetzt haben, die sich kein Privatmensch leisten konnte. Doch da kommt eine disruptive Innovation, die Photovoltaik (PV), ins Spiel.

Photovoltaik als disruptive Innovation 

Nach der Theorie von Clayton M Christensen [1] gibt es disruptive Innovationen die von den bestehenden Marktführern nicht verstanden werden.
Disruptive Produkte haben dabei folgende Eigenschaften:

  • einfacher
  • billiger
  • zuverlässiger
  • benutzerfreundlicher
als etablierte Produkt.
Betrachtet man die PV, so hat sie genau diese Eigenschaften. Sie ist einfach, zum Betrieb einer PV-Anlage benötigt man keinen Ingenieur oder Meister, völlig anders bei den bisherigen Kraftwerken.
Eine PV-Anlage ist billiger, nicht pro kW, aber pro Anlage, das ist gemeint wenn Christensen von billiger spricht.
Eine PV-Anlage ist außerordentlich zuverlässig, wenn die Wechselrichter nicht nach zehn Jahren einen Ausfall haben, hat man keinerlei Wartungsbedarf. 
Sie ist benutzerfreundlich, genau gesagt muss man nichts tun um sie zu betreiben, welch ein Unterschied zu all den anderen Kraftwerken.
Dieser Teil der Argumentation ist sehr zwingend und dürfte kaum Widerspruch auslösen

Ein schlechtes Produkt?


Aufgrund des hohen Strompreises und der unzuverlässigen Verfügbarkeit (Nacht!), hat eine PV-Anlage grundlegende Mängel, die den Einsatz zuerst nur in einigen kleinen Nischenmärkten zuließen. Daraus folgerten die etablierten Stromunternehmen, dass PV nicht für ihre strategische Firmenentwicklung relevant ist. Für die Stromunternehmen ist (war?) eine Photovoltaikzelle nur für einen Nischenmarkt geeignet. Etwa für Parkautomaten oder Taschenrechner mit vernachlässigbaren Umsatz. Zudem ist die Solarzelle nicht zuverlässig, da sie nur bei Sonnenschein Strom liefert.

Entwicklung aus der Nische

Viele vermeintliche Nischenprodukte mit disruptiven Eigenschaften haben aber eine höhere Entwicklungsgeschwindigkeit als die bestehenden Technologien. Als Beispiele nennt Christensen den MP3 Player gegenüber der CD-Player, den Personal Computer gegenüber der Mainframe, den Hydraulikbagger gegenüber den Seilbagger und viele weitere Beispiele.
Damit kann das disruptive Produkt immer mehr Märkte erobern, in unserem Fall PV: Zunächst nur für sehr kleine Nischen wie Netzunabhängige Systeme mit wenig Strombedarf, etwa Parkautomaten. Sinkt der Preis, wird PV für den Endkunden, der teuren Netzstrom bezieht, interessant, häufig als "Grid parity" bezeichnet.
Nach weiterem Preisverfall kann PV Diesel in Inselanlagen ersetzen.
Gridparity und Speicher+Gridparity in Japan, Quelle: Kiray
Inzwischen ist der Preis so weit gesunken, dass in sonnenreichen Gegenden, Kalifornien, der PV Strom günstiger ist als der Strom aus Gasturbinen, die "Production parity" ist damit erreicht.
Die letzte Stufe ist, dass PV inklusive der notwendigen Speicherung, günstiger als Strom aus einem Kohlekraftwerk ist, das ist noch nicht gelungen.
Hinweis: Ich habe bewusst alle Subventionen, EEG etc. nicht betrachtet.

Wo bleiben die Stromkonzerne?

Eigentlich sollten die Stromkonzerne, die Strom liefern schnell beginnen, den Kunden PV-Anlagen zu verkaufen oder zumindest zu vermieten. Aber keine spur davon, mir ist kein einziger Stromkonzern bekannt, der massiv in die Produktion von PV-Produktionsanlagen investiert hat. Obwohl ausreichend Mittel vorhanden waren und die Investition in eine PV Produktionslinie deutlich weniger kostet als ein Kernkraftwerk!
Hat allerdings die etablierte Industrie den rechtzeitigen Einstieg versäumt, dann wird es sehr schwierig. Die Gewinnmargen sinken wegen der Konkurrenz, hier PV-Anlagen, die neue Industrie hat schon sehr viel Erfahrung, die man kaum aufholen kann, das Management hat wieder einmal einen Megatrend verschlafen.

Chance Speicher

Es gibt noch eine letzte Chance, wie erwähnt ist PV-Strom plus Speicher gegenüber einem Kohlekraftwerk noch nicht wettbewerbsfähig. Damit könnten die Stromunternehmen in das Speichergeschäft einsteigen, etwa dem Lageenergiespeicher. Damit würden sie allerdings ihr eigenes Geschäftsmodell (Thermische Kraftwerke) kannibalisieren. Dies werden die Manager nicht wollen, somit bleibt nur: Ausscheiden aus dem Markt. 
Ich kann den Managern der Stromkonzerne nur wärmstens empfehlen, das Buch von C. Christensen zu lesen und intensiv nachzudenken! Hier der Link zu amazon.

Empfehlung:



Quellen:
[1] Clayton M. Christensen, The Innovators Dilemma: Warum etablierte Unternehmen den Wettbewerb um bahnbrechende Innovationen verlieren, ASIN: B0069YNVWU (e-book)