Dienstag, September 08, 2015

Philosophie der Kuhweide und ihrer durchlässigen Grenzen

Grenzen überschreiten - die Kreativität bei halbdurchlässigen Zoofiltern

Bei meiner letzten Wanderung mit Freunden durch den Schweizer Jura ist mir aufgefallen, dass wir regelmäßig Weidezäune überschreiten mussten und ich bin dabei auf erstaunlich vielfältige Lösungen des Problems gestoßen. Der Schweizer Jura ist vielen nur als Quelle hochwertiger feinmechanischer Uhren bekannt, aber die Menschen dort sind auch als Grobmechaniker am Weidezaun bemerkenswert innovativ. Bemerkenswert ist, dass Google auf die Suchanfrage "Überschreithilfe Weidezaun" noch keine einzige Fundstelle bietet!
Der Wanderer auf dem Weg zur Weide nutzt den intelligenten Durchgang

Wer Grenzen baut muss an die Grenzenlosigkeit denken

Die Ausgangssitutation ist einfach, Kühe oder andere Weidetiere werden heute nicht mehr von einem Hirten bewacht sonder von einem Zaun auf ein fixiertes Territorium gehalten. Die Weide, zumeist von einem Elektrozaun umgeben, ist aber für den Wanderer ein Hindernis das er überwinden will. Da der Wanderer aber nicht gerne unter dem Zaun hindurchkriecht muss ein Tor geschaffen werden, das es ihm möglichst problemlos ermöglicht, die Grenze zu überschreiten die für das liebe Vieh aber ein unüberwindliches Hindernis bleibt. 

Menschen und Kühe sind unterschiedlich

Will man also einen Übergang der nur für einen Teil der Weidebesucher durchlässig ist, muss man die Unterschiede der einzelnen Besucher kennen und daraus eine Lösung entwickeln. 
Zwei Hinkelsteine, einfacher aber wirksamer Filter an der Weide
Die einfachste Unterscheidung ist die Breite des Hintern. Eine Kuh ist wesentlich breiter als ein Mensch, also muss man nur einen Durchgang bauen, der schmal genug ist, so dass die Kuh sich nicht hindurchzwängen kann, wohl aber ein Mensch. 
Unüberwindbar für Kühe, durchlässig für Menschen, Betonschlitz.
Ob aus Stein gebaut oder in Beton gegossen, das ist eine gute Lösung. Aber nicht jeder hat einen ausreichend schweren Hinkelstein zur Hand, der von der Kuh nicht zur Seite gedrückt werden kann. Ein Holzpfosten muss schon sorgfältig verankert sein, damit es keine Probleme gibt. 
Zwischen diese Holzpfosten geht keine Kuh hindurch

Um die Ecke gedacht

Neben der Breite der Kuh ist auch die Länge der Kuh interessant, Da der Wanderer kurz ist, baut man einfach eine sehr enge Kurve und schon hat die lange Kuh das Nachsehen. 
Um die Ecke gedacht, zu schwierig für die dicke Kuh
So mancher Wanderer wird sich allerdings auch seines Rucksacks bewusst, wenn er fast hängen bleibt.
Einfaches Tor, schlecht für Vergessliche 

Besser wäre natürlich eine Türe, die die dumme Kuh nicht öffnen kann, damit betritt man die Varianten der vielfältigen Tür und Drehkreuzlösungen. Türen sollten sich möglichst wieder selbstständig schließen, so dass der vergessliche oder verträumte Wandersmann nicht versehentlich das Gatter offen stehen lässt und die Kühe das Weite suchen. 
Simpel, aber wirksam, wer will schon einen Stromschlag?
Damit ist der einfache, elektrisch isolierte Griff am Elektrozaun die schlichteste Lösung, geschickt mit einer Feder gespannt, traut sich der Wanderer nicht, den Griff fallen zu lassen und wird ihn wieder einhängen. 
Die Tür fällt zu wenn man hindurchgeht, Prinzip Einwegventil.
Ein selbst zufallendes Türchen ist zwar sehr geschickt, aber nur in einer Richtung wirksam, wird die Weide auf die andere Seite verlegt, kann das Vieh einfach ausbrechen.
Ein Drehkreuz, praktisch aber nicht für jeden.

Das Drehkreuz das uns an vielen Orten begleitet ist sicher gut, aber wehe, man hat es nicht gut montiert oder ein etwas stärker beladener Rucksackträger muss es überwinden, von Fahrradfahrern nicht zu reden.

Die Zunahme der Komplexität

Sollen nicht nur Wanderer sondern auch Fahrzeuge die Grenze, die dem Rind gesetzt ist, überschreiten können, dann ist noch mehr Kreativität gefordert. Das Rind als Paarhufer hat ein sehr großes Problem, wenn zwei Hufe in ein Loch rutschen, dem Mensch mit seinem sandstrandgeeigneten Langfuss sind schmale Ritzen schnuppe. 
Gut für Mountainbiker, schlecht für Kühe zu überwinden.
Er kann über ein Gitterrost schreiten, das einer Kuh die Knochen brechen würde. Und genau so geht es Mountainbiker und sogar Autos, die mit ihrem Reifen schmale Rillen problemlos überfahren können.
Pferde ja, Kühe nein!

Noch schwieriger ist es, wenn ein Reiter auf dem Pferd einen Reitweg über eine Kuhweide nutzt, da ist ein Drehkreuz keine gute Idee, aber Pferde können ja springen. Oder der Reiter sitzt so hoch zu Ross, dass er eine hohe Türklinke braucht.

Kombination der Zoofilter

Da aber manchmal die Kühe auch die Weide verlassen wollen, auf die Menschen hineingehen ohne dass sie dem Milchvieh den Weg freimachen und zudem Autos herumfahren muss man mehrere Tore kombinieren.
Hier können Autos und Reiter queren und manchmal auch Kühe in der Mitte.

Noch schwieriger wird es, wenn auf der Weide sowohl Pferde als auch Kühe weiden, die Pferde aber keinen Respekt vor dem Kuhrost haben und zudem Autos auf die Weide fahren können müssen. Aber kein Problem für den innovativen Schweizer im Kanton Jura. Durch ein Tor mit herabhängenden Schnüren, die elektrische Schläge verleihen können wird kein Pferd es wagen auszubrechen.
Ein Hindernis für Kuh und Pferd aber nicht für Autos die bekanntlich ein Faradayscher Käfig sind

Die solare Zukunft beginnt

Wer glaubt, das Ende der Entwicklung sei erreicht, der irrt. Das Zeitalter der Elektronik in Kombination mit Solarzellen ermöglicht noch wesentlich komplexere Lösungen. So kann man eine Weide mit einer Schranke begrenzen, die sich öffnet, wenn ein Auto heranfährt, indem der Solarstrom ein Tor öffnet.
Die Lösung für das Solarzeitalter.
Jetzt fehlt noch der Hinweis, dass Kühe auch manchmal den Bahndamm überqueren müssen, aber nicht über das Bahngleis ausbrechen sollen. Kein Problem mit einem geeignetem Gitter.
Freie Bahn der Bahn aber kein Durchgang für Rindvieh.
Nicht dass es mir an weiteren Bildern von Weideübergängen aus dem Jura mangeln würde, aber ich glaube nicht, dass ein Leser bis hierher durchgehalten hat. Wenn ja, dann bitte ich um einen Kommentar, und weitere Innovationen folgen.

Ergänzungen auf Leserwunsch

Tatsächlich manche haben bis zum Ende gelesen, daher hier noch eine Zugabe.
Die einfachsten Lösungen sind oft die Besten, eine sehr einfache Lösung ist ein kleines Treppchen für den Wanderer aus Beton, das hält ewig und für den Wanderer ja kein Problem, weil der ja nicht gehbehindert ist.
Ein kleines Trepchen tut es auch.

Es gibt im Internet ein Wiki über Barrieren, für alle die es ganz genau wissen wollen.

Wer das nicht lustig fand muss den Guide Stupid lesen.

1 Kommentar:

orinoco hat gesagt…

Das Durchhalten beim Lesen ist noch das geringste Problem. Wenn die Kommentarfunktion von blogger.com nicht so kompliziert wäre z.B. im Vergleich mit wordpress, würde ich auch öfters kommentieren, statt nur lesen.

Das mit den intelligenten Durchlässen finde ich in so fern interessant als es nicht immer die großen Hightech-Innovationen sein müssen, die unser Leben erleichtern. Es kommt vielmehr darauf an das Problem auf seinen Kern zu reduzieren und dann kreative Lösungen dazu zu finden. Man hätte auch ein Hightech-Tor mit Gesichtserkennung konstruieren können, aber einfache, aber geniale Lösungen haben nicht nur aus Kostengründen und Umweltschutz/Resourcenschonung ihren Reiz, der meines Erachtens vor allem darin liegt, dass solche Lösungen praktisch nicht patentierbar und von jedem nachgebaut werden können.
Ich würde es fast schon als mein Hobby betrachten solche einfachen, kreativen Lösungen für Alltagsprobleme zu (er-)finden z.B. kann man aus alten Fahrradschläuchen praktisch zum Nulltarif sehr effektive und vor allem leicht lösbare und wiederverwendbare Kabelbinder schneiden. Oder wer als Heimwerker ein Fan von Schrauben mit I-Stern ("Torx®") ist, aber noch gute Restbestände an anderen Schrauben hat: mit einer I-Stern Schraube "vorbohren", dann kann eine alte z.B. mit Kreuzschlitz leicht eingedreht werden. Manchmal muss man einfach nur drauf kommen.